Radsport-Legende Radsport-Legende: Hans Junkermann mit wöchentlichem Ullrich-Pensum

Berlin/Krefeld/dpa. - Auch mit 70 Jahren lässt ihn das Fahrradnicht los. Hans Junkermann, der anlässlich seines runden Geburtstagesam Donnerstag mit seiner Lebensgefährtin für ein paar erholsame Tagean den Bodensee flüchtet, bringt es pro Jahr auf «rund 25 000Kilometer, etwa 500 bis 600 die Woche». Mit dieser Leistung bewegtsich der drahtige Jubilar in Regionen eines Jan Ullrich, der zur Zeitin seiner Trainings-Klausur in der Schweiz ein ähnliches Pensum kaumüberschreiten wird.
«Ich bin gesund und zufrieden», beschrieb der deutsche Spitzen-Profi der 60er Jahre seine Gemütslage zum 70. Geburtstag. «Den 50.und 60. habe ich groß mit vielen Gästen gefeiert. Diesmal wollten wires ruhiger haben», sagte Junkermann, der in seinen 18 Profijahrenzwischen 1956 und 1973 zwei Mal die Tour de Suisse gewann, dasChampionat von Zürich, an der Seite seines Freundes Rudi Altig neunSechstagerennen und 1960 bei der Tour de France auf dem Sprung ganznach vorne stand. Mangelnde Unterstützung der deutschenNationalmannschaft ließ für den Bergspezialisten in Paris «nur» Platzvier zu.
Der glückliche Rentner aus Sankt Tönis/Krefeld, der als Trainervon Olympia Dortmund den späteren Profis Erik Zabel gleich nach demMauerfall, Bernd Gröne, Rolf Aldag und Udo Bölts den Weg ebnete,traut Ullrich in diesem Jahr «immer noch» den zweiten Tour-Sieg zu.«Viele glauben das ja nicht mehr, aber ich habe auf seinen Sieggewettet. Er sollte sich in einigen Frühjahrs-Rennen aber endlich malbesser präsentieren - das tut Armstrong ja auch», kritisierteAltmeister «Hennes», der noch immer ein wenig seinem vermeintlichverpassten Toursieg von 1962 nachtrauert.
«In unserem Quartier in Luchon hatten sie in der Küche bei unseremEssen manipuliert. Ich verbrachte die ganze Nacht auf der Toiletteund wäre fast draufgegangen - das war keine Fischvergiftung, wie esimmer hieß. Das Rennen war zu Ende für mich», erzählte Junkermann,der 1954 ungewöhnlichen Verlockungen widerstand, DDR-Bürger zuwerden: «Die wollten mich als Amateur unbedingt haben und boten mirviel Geld. Zwei Mal sprachen DDR-Funktionäre bei meinen Eltern vor.Aber ich wollte unbedingt Profi werden und blieb im Westen.»
Den heutigen Spitzenfahrern neidet Junkermann das unvergleichlichhöhere Einkommen nicht. «Altig, Wolfshohl und ich sind eben zu frühgeboren. Mit unserer Klasse hätten wir heute auch ganz vornemitfahren können. Aber ich bin zufrieden, mir geht es doch gut»,sagte der 70-Jährige, der im Vorjahr eine Prostata-Operationüberstand und schon zwei Monate nach dem fünfwöchigen Krankenhaus-Aufenthalt wieder auf dem Rad saß.