Radsport Radsport: Jan Ullrich sagt wie 1999 Tour ab
Merdingen/Berlin/dpa. - «Es hatte keinen Sinn, bei stärkeren Intensitäten im Training warder Schmerz wieder da», erklärte Ullrich, der sich nach den zumersten Mal im Januar aufgetretenen Knie-Problemen seit vier Wochenwieder im Aufbautraining befindet und gegen den nach seiner Irrfahrtdurch Freiburg am 1. Mai ein Ermittlungsverfahren wegen Trunkenheitam Steuer und Fahrerflucht läuft.
Der Hamburger Wolfgang Strohband, Manager und väterlicher FreundUllrichs, bestätigte die Absage, die kaum jemanden mehr überraschte.«Den geplanten Test im Schwarzwald brauchten wir nicht. Jan bekam beiBelastung immer wieder Probleme mit dem Knie, das ihm seit Januar zuschaffen macht. Er wird vor der Tour de France keine Rundfahrt mehrbestreiten und jetzt erst einmal wieder drei Wochen Trainingspauseeinlegen», sagte Strohband.
Also findet auch die Bayern-Rundfahrt ab 22. Mai, die Deutschland-Tour ab 3. Juni und die Tour de Suisse ab 17. Juni ohne den Doppel-Weltmeister im Zeitfahren statt. Laut Strohband stehe ein geplanterStart bei der Spanien-Rundfahrt im September im Saison-Mittelpunkt.Allerdings müsse die Knieverletzung erst restlos auskuriert werden,erklärte Teamarzt Lothar Heinrich. Jan werde «die Zeit dazuerhalten». Nach seiner Tour-Absage 1999 hatte Ullrich die Vueltagewonnen und war anschließend in Treviso/Italien zum ersten MalZeitfahr-Weltmeister geworden.
Die Entwicklung sei «sehr ärgerlich, weil ich diesmal so gut wienie durch den Winter gekommen bin», erklärte Ullrich, der im Januarbereits die Katar-Rundfahrt bestritten hatte, anschließend mit Knie-Problemen aber aus dem Trainingslager aus Südafrika zurückgekehrtwar. «Jetzt müssen wir die Tour ohne Kapitän und potenziellenAnwärter auf den Toursieg bestreiten», sagte Ex-Profi undTeamsprecher Olaf Ludwig, der eine Ausrichtung der Telekom-Tour-Mannschaft auf die Bedürfnisse Erik Zabels in Aussicht stellte.
Ullrich, der gerade langwierige italienische Doping-Ermittlungenschadlos überstanden hatte, scheint am Scheideweg seiner Karriere zustehen. Die Eskapaden mit Alkohol und Führerschein-Entzug hatten einBild von dem Sportidol gezeigt, das seinem aufgebauten Image in derÖffentlichkeit so gar nicht entsprach. Jetzt tritt der Amateur-Weltmeister von 1993 auch sportlich auf der Stelle und muss sichbewusst werden, dass das «Babysitter-System» seines Rennstalls mitLeibkoch, Hausarzt, persönlichem Trainer und einer Teamleitung alsallgegenwärtigem Abschirmdienst gescheitert ist. Mehr an Betreuung«geht nicht», sagte Team-Manager Walter Godefroot.
«Jan hat das sportliche Potenzial eines Eddy Merckx. Er hat soviel Talent und gezeigt, was er leisten kann. Es ist aber ganz alleinJans Entscheidung, ob er sich noch ein Mal richtig engagieren kann,um vielleicht im nächsten Jahr den Toursieg ernsthaft ins Visier zunehmen. Wir hoffen das. Aber man kann in die Menschen nichthineinschauen», erklärte Godefroot, der jetzt eine eher langweiligeTour de France erwartet und am Dienstag fragte: «Wer will die Kreisedes dreifachen Toursiegers Lance Armstrong stören?»