Radsport Radsport: Gerolsteiner steigt als Sponsor aus
Gerolstein/dpa. - Doch während Gerolsteiner als Sponsor bald ganzaus dem Sattel steigt, sollen sich in Bonn trotz des positivenDopingtests des Italieners Lorenzo Bernucci die Räder weiter drehen. «Wir werden nicht alles hinwerfen, weil Bernucci einenAppetitzügler benutzte. Das wäre nicht das, was wir unterVerantwortung übernehmen verstehen. Dieser Fall zeigt, wie extremfragil die ganze Sache ist», sagte T-Mobile-KommunikationsdirektorChristian Frommert am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur dpa.Zuvor hatte der Mobilfunk-Konzern mitgeteilt, dass der 27-jährigeItaliener Bernucci positiv auf einen Appetitzügler getestet undsofort entlassen worden sei. Fast zeitgleich erschütterte eine Nachricht aus der Vulkaneifelden deutschen Radsport: Gerolsteiner kündigte an, dass sich derKonzern Ende 2008 aus dem Radsport zurückziehen werde. «Wir werdenunseren Vertrag bis 2008 erfüllen, nehmen aber die Option einesweiteren Engagements nicht wahr», erklärte Vorstandssprecher JörgCrosek. Die Gründe für die Entscheidung seien wirtschaftlicher Natur. «Die Doping-Ereignisse haben bei unserer Bewertung nicht dieausschlaggebende Rolle gespielt», ließ das mittelständischeUnternehmen offiziell verlauten. Anstelle des Mineralwasser-Herstellers, der pro Saison geschätzte neun Millionen Euro in denRadsport investiert, muss sich Manager Hans-Michael Holczer von 2009an einen neuen Sponsor suchen. Erste Kontakte hat der Mathematiklehrer, bei dem Hoffnungsträgerwie Stefan Schumacher, Fabian Wegmann, Markus Fothen und RobertFörster sowie das übrige Team-Personal angestellt sind, bereitsgeknüpft. «Es gibt keinen besseren Zeitpunkt als jetzt in denRadsport einzusteigen, denn so chaotisch wird es nie mehr. Ich bieteein glaubwürdiges Team mit einer der besten Infrastrukturen in derProTour», sagte Holczer. Unterstützung erhielt er von Noch-GeldgeberGerolsteiner: Die glaubwürdige Anti-Doping-Haltung Holczers böte fürVertragverhandlungen eine «hervorragende Ausgangsposition». Denkbarist das Szenario, dass Holczer schon für kommendes Jahr einen Co-Sponsor mit ins Boot holt, der dann von 2009 an das Ruder übernimmt. Holczer zählt international zusammen mit T-Mobile zu denVorreitern im Anti-Doping-Kampf für einen «neuen Radsport».Allerdings stand auch sein Team mehrmals wegen Dopings in denSchlagzeilen: Danilo Hondo (Cottbus) wurde 2005 positiv auf dasMittel Carphedon getestet und danach entlassen. Der Italiener DavideRebellin wurde in Italien in einem Doping-Prozess freigesprochen.Zudem hatten die sportlichen Leiter Christian Henn und Udo Bölts wieandere ehemalige Telekom-Fahrer EPO-Missbrauch zu Zeiten ihreraktiven Karriere gestanden. Nach dem positiven Test bei Bernucci dürfte auch die DeutscheTelekom, Mutterkonzern von T-Mobile, 26 Tage nach der Entscheidungfür eine Fortsetzung des Sponsorings kurz neu ins Grübeln gekommensein. Schließlich hatte das Unternehmen am 9. August mitgeteilt, beimnächsten Doping-Fall sein Engagement «umgehend» erneut in Frage zustellen. Doch trotz des zweiten Rückschlags nach dem DopingfallPatrik Sinkewitz soll der Erneuerungsprozess fortgesetzt werden. Nach einem Gespräch mit Bernucci sei der 27-jährige Italienerwegen eines Verstoßes gegen den teaminternen Verhaltens-Codex mitsofortiger Wirkung entlassen worden, teilte T-Mobile mit. Zudem seider in Monaco beheimatete Profi sofort aus dem Aufgebot der derzeitlaufenden Spanien-Rundfahrt genommen worden. «Wir wissen nicht, obdies ein Versuch war, die Leistung zu steigern oder ein fehlerhafteEinschätzung Bernuccis. Wir wissen aber, dass es inakzeptabel ist,dass Fahrer Medikamente ohne Erlaubnis des Teamarztes nehmen. Das istein klarer Verstoß gegen unseren Verhaltens-Codex und auf dieserBasis handeln wir nun», sagte Team-Manager Bob Stapleton. Der seit 2006 für das T-Mobile Team fahrende Bernucci hätte ineinem Gespräch mit dem Team-Management eingeräumt, den Appetitzügler«Ectiva» eingenommen zu haben. Er hätte ihn schon jahrelang benutzt.Bernucci sofort zu entlassen, sei die richtige Entscheidung gewesen,sagte Frommert, der die Aktion der Selbst-Medikamentierung eine«Dummheit» nannte. Verbands-Präsident Rudolf Scharping bedauerte denerneuten Doping-Fall, wies aber auf die Wirksamkeit der Kontrollenhin: «Wo konsequent kontrolliert wird, steigt die Wahrscheinlichkeitpositiver Befunde und darüber sollten wir uns eher freuen.»
