Radsport Radsport: Erster deutscher Sieg: Wilhelms statt Ullrich
Doha/dpa. - In der Wüste von Katar hat Nobody Thorsten Wilhelmsdem Olympiasieger, Weltmeister und Tour de France-Favoriten die Showgestohlen. Nicht Telekom-Superstar Jan Ullrich geht als ersterdeutscher Sieger der neuen Radsport-Saison in die Annalen ein,sondern der international unbekannte, 33-jährige Wilhelms. Nach demSprint-Erfolg auf der dritten Etappe der Katar-Rundfahrt über 179Kilometer jubelte der Profi vom Essener Team Coast: «Alles was jetztnoch kommt, ist ein Bonus.»
Vor dem Start war Wilhelms bei einem Fototermin noch vom Kamelgefallen und musste von zwei Jockeys aufgefangen werden. Danach trater mit seinen Rennschuhen auch noch in Kamelmist. «Das bringt Glück,hat unser Mechaniker noch bei der Reinigung gesagt», amüsierte sichder Sprinter aus Hannover nach seinem Erfolg auch gegen denprominenten Ullrich. «Mein Saisonziel sind so viele Siege wiemöglich. Mal schauen, der Druck ist jetzt erst mal weg», schriebWilhelms in seinem Internet-Tagebuch. Für Verblüffung bei Freunden,Fans, Rivalen und Experten hatte er schon zuvor gesorgt.
Denn nach einer durchaus erfolgreicher Amateur-Laufbahn hatteWilhelms bereits für sechs Jahre den Radsport an den Nagel gehängt.«Ich habe meinen Betriebswirt gemacht und nach dem Tod meines Vatersseine Großtankstelle mit Autohaus übernommen», berichtete derRadsport-Besessene. Mit 20 Kilogramm Übergewicht und mit kalkweißenBeinen ging Wilhelms 1999 wieder bei einem Radrennen an den Start -und bekam vom Team Nürnberger eine Chance. Das Vertrauenrechtfertigte er mit sieben Erfolgen im Vorjahr.
In Rennfahrer-Kreisen gilt Wilhelms als «verrückt», als Typ, derim Endkampf schon mal «das Gehirn ausschaltet», was er schon oftgenug mit Stürzen bezahlen musste. Der Etappensieg nach einem viertenund dritten Platz an den Vortagen bei dem von der Societe du Tour deFrance organisierten Rennen am Persischen Golf rückt Wilhelms nunendgültig in den Blickpunkt. «Unser absolutes Ziel ist die Teilnahmean der Tour, solche Siege sind ein Schritt dahin», unterstrich dersportliche Leiter Wolfram Lindner von Coast, der selbst nicht inKatar ist, die Bedeutung für sein Profi-Team.
«Etwas Besseres, als unter Wüst zu fahren, konnte mir nichtpassieren. Marcel weiß genau, bei welchen Rennen ich punkten kann»,gab der Profi das Lob weiter an Team-Coast-Manager Marcel Wüst. Dermittlerweise durchtrainierte und braun gebrannte Wilhelms sieht sichin seiner korrigierten Berufswahl erst einmal bestätigt: «Ich wollteeinen Etappensieg, die Gesamtwertung war mir egal.»