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Punxsutawney Punxsutawney: Alljährlich grüßt das Murmeltier

Von Ingrid Ostheeren 24.01.2003, 15:50

Halle/MZ. - Dafür verbürgt sich William Cooper, Bankier und Präsident des "Groundhog Clubs", der längst Mitglieder in aller Welt hat.

Zum "Inner Circle" gehören 15 Honoratioren der Stadt, die in Frack und Zylinder dafür sorgen, dass der Rummel um Phil seinen geordneten Gang geht. Denn was wäre "Punxy" ohne Phil? Nichts! "Sind Sie wirklich wegen eines Murmeltiers den ganzen Weg aus Deutschland gekommen?" fragt dennoch ungläubig eine Dame im Hotel in Pittsburgh. "Mein Hund killt zwanzig jedes Jahr. . ." Laut Statistik gibt es an die 2,5 Milliarden Murmeltiere in den USA. Solange nur Phil, der Häuptling über die Stämme der Marmota monex, alljährlich am 2. Februar gewissenhaft weissagt, ob Frühling in der Luft liegt oder nicht, ist alles wohlbestellt in der kleinen Welt von Punxsutawney.

Bis zum Jahr 1886, in dem die einzigartige Karriere des possierlichen Wetterpropheten begann, war er ein Murmeltier wie alle anderen. Den Winter verschlief er in seinem Bau, aus dem er im Frühjahr mager auftauchte, um sich den Wanst fett zu fressen. Von Farmern gehasst, deren Land er verwüstete, und von Jägern verfolgt, die ihn als feinen Braten schätzten. Als der Journalist Clymer Freas damals eine Gruppe Jäger beim Murmeltiergrillen überm offenen Feuer beobachtete, war flink eine Legende geboren.

Der findige Reporter ernannte die Jäger zum "Groundhog Club", und dann erinnerte man sich noch an den alten Glauben der deutschen Einwanderer, wonach der 2. Februar ein besonderer Tag war. Nach der alten Bauernregel nämlich: "Wenn's an Lichtmess stürmt und schneit, ist der Frühling nicht mehr weit." Aus der Murmeltierperspektive: Sieht das Tierchen beim Erwachen seinen Schatten, weil der Tag klar ist, bleibt es Winter. Sieht er ihn nicht, ist Frühling in Sicht!

Dem verschlafenen Nest Punxsatawney bei Pittsburgh kam dieses Patentrezept fürs Image gerade recht. Und seit sich Bill Murray als Wetterfrosch von Radio Pittsburgh im 1993 gedrehten Film "Und täglich grüßt das Murmeltier" allmorgendlich um sechs Uhr in Punxsutawnwey am Murmeltiertag in einer Zeitschleife verfängt, um einen extrem kuriosen Lernprozess durchzulaufen, ging der Ruhm des 7 000-Seelen-Ortes um den ganzen Globus. Wo sonst 364 Tage über Winterschlafstimmung herrscht, wird nun am "Murmeltiertag" die Sau, besser, das Murmeltier rausgelassen. Schon kurz nach Mitternacht pilgern die Ersten hinauf zum "Gobbler's Knob", dem Hügel im Wäldchen vor der Stadt, wo die Erweckung des Schläfers stattfindet. Obwohl Alkohol tabu und die Nacht kalt ist, stehen die Zeichen voll auf Gaudi! Rund 40 000 Fans vertrieben sich im vergangenen Jahr die langen Wartestunden in winterlicher Kälte mit Schunkeln und Singen. Bis in der Morgendämmerung um halb acht die dick behandschuhten Hände von "Handler" Bill Deeley, im echten Leben Bestattungsunternehmer, den flauschigen Nager ins Blitzlichtgewitter hoben. Und Phil verkündete, im schönsten Murmeltierianisch, dass er seinen Schatten sieht. . .

Pech gehabt! Der Stimmung tat das keinen Abbruch. Alles wanderte geduldig zurück ins fahnengeschmückte Zentrum, stand Schlange vor den Souvenirshops und knabberte Murmeltier-Plätzchen. Auch dieses Jahr wieder werden Schnitzer auf dem Barclay Square Phil in Holz- und Eisblöcken gestalten. Man kann sich mit einem Plüschmurmeltier ablichten lassen oder ein "Punxy-Frühstück" bei McDonald's genehmigen. Und wieder grüßt das Murmeltier.