Profiboxen Profiboxen: Oktay Urkals zweiter WM-Versuch gescheitert
Berlin/dpa. - Aus Oktay Urkal wird kein neuer Sven Ottke. Drei Wochen nach dem Rücktritt von Suppermittelgewichts-Weltmeister und Stallkollege Ottke ist Urkals Traum vom WM-Titel im Halbweltergewicht vermutlich für immer geplatzt. Der Berliner Profi-Boxer verlor Samstagnacht in seiner Heimatstadt gegen den Titelverteidiger Vivian Harris aus den USA knapp nach Punkten (112:114, 112:114, 113:113) und ist damit zum zweiten Mal bei dem Versuch gescheitert, auf den Thron der World Boxing Association (WBA) zu klettern. Ob er es noch ein drittes Mal versuchen darf und vor allem auch will, ist mehr als ungewiss. «Ich muss jetzt ein bisschen nachdenken, mich um meine Tochter kümmern und dann mit Herrn Sauerland sprechen», sagte der in Berlin geborene 34 Jahre alte Sohn türkischer Einwanderer.
Promoter Wilfried Sauerland beeilte sich, Urkals tief sitzende Enttäuschung zu mildern und ihn auch künftig als Vorzeige-Boxer für ARD-Übertragungen bei Laune zu halten. «Das war schon jetzt der beste Kampf dieses Jahres in Deutschland. Da war alles drin, ein absoluter Leckerbissen», schwärmte der Stall-Chef und befand: «Der Kampf schreit nach einer Revanche.» Auch Trainer Ulli Wegner verteilte Streicheleinheiten. «Nach dieser großartigen Leistung sollte man sich nicht verabschieden, sondern weitermachen», meinte der Coach, der nach Ottke nicht noch einen Protagonisten verlieren will.
In der Tat hatte sich Urkal in einem mitreißenden Gefecht als würdiger Herausforderer präsentiert. Auch von einem Niederschlag in der dritten Runde und einem vermutlich gebrochenen Nasenbein ließ er sich nicht aus dem Konzept bringen. «Denk nicht an deine Nase, gib noch mal alles», hatte Wegner seinen Schützling vor der letzten Runde beschworen. Angetrieben von einer türkischen Mehrheit unter den knapp 4000 Zuschauern in der Max-Schmeling-Halle holte der «Ali vom Kreuzberg» («Ich bin in Kreuzberg so bekannt wie Ali in der ganzen Welt») alles aus sich heraus. Aber wie schon im Juni 2001, als er bei seinem ersten WM-Anlauf in Uncasville/USA dem Australier Kostya Tszyu nach Punkten unterlag, musste der Olympia-Zweite von 1996 erneut die Überlegenheit des Champions anerkennen.
«Ich habe mein Bestes gegeben. Aber wenn einer besser ist, muss man das akzeptieren», bekannte Urkal. Nur Stallgefährte und Supermittelgewichts-Weltmeister Markus Beyer wollte das Urteil nicht wahrhaben. «Für mich hat Ottke jede Runde gewonnen. Er hätte auch den Titel gewinnen müssen. So wie er gekämpft hat - Hut ab», meinte der in Köln lebende Sachse.
Für Erheiterung in der über siebenstündigen, bis 01.30 Uhr dauernden zähen Veranstaltung sorgte eine Einlage mit Verdacht auf Rummelboxen. Das Schwergewichts-Duell des mit 2,17 Meter als größten Boxer der Welt angepriesenen Russen Nikolai Walujew gegen den 40 Zentimeter kleineren Argentinier Marcelo Dominguez erinnerte an Pat und Patachon. Der knapp 147 kg wiegende Riese gewann nach Punkten, ohne jemals seine körperlichen Vorzüge überzeugend zur Geltung gebracht zu haben. Die Zuschauer hatten zumindest ihren Spaß.