Profi-Boxen Profi-Boxen: Pole Matt Zegan wittert Betrug

Essen/dpa. - «Schiebung, Schiebung» hallte es durch die Halle - und das Pfeifkonzert wollte nicht enden. Eigentlich hatte der Pole Matt Zegan den WM-Kampf gegen den in Hamburg lebenden Titelverteidiger Artur Grigorian gewonnen, doch er wurde zum Verlierer erklärt. Der Profi-Boxabend am Samstag in der Essener Gruga-Halle vor lediglich 3000 Zuschauern war durch das offensichtliche Fehl-Urteil im Leichtgewichts-Titelduell nach Version der World Boxing Organization (WBO) stark getrübt worden.
«Ich fühle mich betrogen. Grigorian und Universum sind für mich Betrüger», polterte der überraschend stark boxende Pole, der von Weinkrämpfen geschüttelt aus dem Ring geführt wurde. Promoter und Grigorian- Manager Klaus-Peter Kohl gab sich kleinlaut. «Das ist mir so unangenehm. Der Artur hat auf keinen Fall gewonnen», gestand er nach dem 2:1-Punktrichterurteil. «Es bleibt ein fader Beigeschmack.»
Grigorian, der aus Usbekistan stammende Armenier, war so schwer wie wohl noch nie nach einem Kampf gezeichnet. Seine Augen waren von extrem starken Schwellungen kaum noch zu erkennen, die Stirn schillerte blutunterlaufen in mehreren Farben. «Ich gebe ihm Revanche», presste der Weltmeister hervor, der mit einer Amtszeit von sechs Jahren und neun Monaten einen Titel-Weltrekord in seiner Gewichtsklasse aufgestellt hat. Der polnische Betreuerstab nahm das Angebot natürlich an, forderte allerdings, den Rückkampf in Polen und dann «mit zwei polnischen Punktrichtern» auszutragen. In Essen hatte der deutsche Punktrichter Arthur Ellensohn auf geradezu skandalöse vier Punkte Vorsprung (116:112) für Grigorian erkannt.
Während der 35 Jahre alte Champion aus dem Hamburger Universum- Stall wohl über den Zenit seines Leistungsvermögens hinaus ist, will der Berliner Michel Trabant da hin. Doch der Europameister benötigte eine gehörige Portion Glück, um gegen den Franzosen Frederic Klose seinen Titel zu behalten. «Ich habe zu Unrecht verloren», beschwerte sich der französische Meister. Doch das 2:1-Urteil für Trabant geht auf Grund einer starken Schlussphase des Deutschen ab Runde zehn in Ordnung. Jedoch wirkte Trabant, der in 38 Profi-Kämpfen ungeschlagen ist, ab Runde drei nach einer Blessur über dem linken Auge gehemmt. Wie schon bei seiner ersten Titelverteidigung vor vier Monaten hatte er sich den tiefen Riss durch mangelnde Deckungsarbeit eingehandelt.
In den beiden Frauen-Duellen des Abends verbreitete nur der Kampf der Düsseldorferin Daisy Lang gegen Silke Weickenmeier aus Speyer Spannung. Die Auseinandersetzung um den Titel im Junior-Federgewicht des unbedeutenden Verbandes Global Boxing Union (GBU) endete zu Recht unentschieden. Lang, Junior-Bantamgewichts-Weltmeisterin der Women International Boxing Federation (WIBF), war wegen einer Kreuzband- Verletzung im rechten Knie gehandicapt in den Ring geklettert und zog sich im Duell auch noch einen Muskelfaserriss in der linken Wade zu.
Es wird wohl erst in der zweiten Jahreshälfte zum Entscheidungs- Kampf zwischen beiden kommen. Damit ist die Fortsetzung des Turniers um den inoffiziellen Titel «Beste deutsche Boxerin» und den Gewinn einer Prämie von 50 000 Euro auf unbestimmte Zeit vertagt. Mithin muss Doppel-Weltmeisterin Regina Halmich, die das zweite Frauen-Duell um den WIBF-Titel im Fliegengewicht gegen die schwache Nadja Loritz (Koblenz) souverän für sich entschied, auf das Finale warten. Mit ihrer dürftigen Leistung hat Loritz, Fliegengewichts-Weltmeisterin der GBU, die Wertigkeit der vom Kommerz diktierten unzähligen WM- Titel in unüberschaubaren Weltverbänden selbst in Frage gestellt.
