Portugal im Halbfinale Portugal im Halbfinale: Brasilien steht jetzt hinter der Figo-Elf
Lissabon/Berlin/dpa. - «Wir haben 180 Millionen Fans dazugewonnen», freuten sichLissaboner Medien am Dienstag über Umfragen aus Brasilien, wonach 72Prozent der dortigen Fans nach dem ruhmlosen Ausscheiden des eigenenWeltstar-Ensembles um Ronaldinho jetzt ganz fest die Daumen für denkleinen Fußballbruder aus Europa drücken.
«Rettet unsere Ehre», schallt es quer über den Atlantischen Ozean.Der Einsatz des im Viertelfinale Portugal-England noch gesperrtenMittelfeldstars Deco mit brasilianischem Geburtsschein macht dieVerbrüderung zwischen der einst mächtigen Kolonialmacht und dem imFußball schier übermächtig gewordenen Koloss aus Südamerika nur nochunverbrüchlicher.
Ansonsten aber sonnen sich die Portugiesen weiter im angenehmenGefühl, als kleiner David bei der WM schon endgültig undunwiderruflich gewonnen zu haben: Nach den hart erkämpften Siegenüber die als Topfavoriten gehandelten Niederländer und Engländer istPortugals Hauptstadt über und über mit Fahnen geschmückt. Die WM-Stimmung ist Spitze - und irgendwie auch schon ein bisschenentspannt.
«Es kann eigentlich nichts mehr schief gehen. Was haben wir nochzu verlieren?» lautet der Grundtenor beim Straßengespräch. TorwartRicardo als magischer Elfmeterkiller und der aus Brasilienimportierte Trainer Luiz Felipe Scolari als schlauer Fuchs werdenauch bei einem Ausscheiden im Halbfinale gegen die immer stärkergewordenen Franzosen um Zinedine Zidane Volkshelden dieses WM-Turniers bleiben. Sie haben schon jetzt mit dem überraschendenVorstoß unter die letzten Vier das Trauma des im eigenen Land vorzwei Jahren verlorenen EM-Finales gegen Griechenland (0:1) in denHintergrund gedrängt.
Bei Portugals Fußballverband herrscht ebenfalls eitel Sonnenscheinwegen eigentlich nicht eingeplanter Einnahmen - bisher 14,2 MillionenEuro - durch den erfolgreichen Auftritt beim WM-Turnier inDeutschland. Für die anderen Halbfinalisten Deutschland, Italien undFrankreich, zusammen mit den Briten die Superreichen im europäischenFußballgeschäft, wäre das ein Klacks und wohl nicht der Rede wert.
Die Portugiesen sehen sich aber durchaus bewusst als die Ärmstenin dieser erlauchten Runde und wollen das auch als zusätzlicheAntriebsquelle für die beiden letzten Spiele nutzen. Die Jungfrau vonFátima in Portugals berühmtestem Wallfahrtsort - 130 Kilometernördlich von Lissabon - wird dieser Tage besonders kräftig besuchtund angerufen: Sie möge doch bitte jetzt eine neues Wundervollbringen.
