Portugal Portugal: EM im Zeichen der Angst vor dem Terror
Lissabon/Madrid/dpa. - Ein Überwachungsflugzeug der NATO dreht amHimmel seine Kreise. Auf der Erde sind Kampfflugzeuge inEinsatzbereitschaft. An den Landesgrenzen werden Pässe und Ausweisekontrolliert. Portugal erlebt bei der Fußballeuropameisterschaft einähnliches Szenarium, wie es das benachbarte Spanien bereits von derHochzeit des Thronfolgers Felipe kennt. Allerdings gibt es einengroßen Unterschied: Die Prinzenhochzeit dauerte nur gut drei Stunden,die EM erstreckt sich über drei Wochen.
Portugal stellt für die EM eine Sicherheitsoperation auf dieBeine, wie sie das Land noch nicht gesehen hat. Dabei hatten diePortugiesen ursprünglich alles eine Nummer kleiner geplant. Siehatten bis vor kurzem die Hauptgefahr in Scharen angetrunkenerHooligans gesehen. Aber seit den Attentaten vom 11. März in Madridwurde klar, dass die größte Bedrohung von anderer Seite ausgeht. DieAnschläge im Nachbarland mit 191 Toten zeigten, dass islamistischeTerroristen auf der Iberischen Halbinsel Fuß gefasst haben.
Für die Portugiesen ist die Terrorgefahr Neuland, denn in ihremLand war es seit Jahrzehnten immer friedlich gewesen. Nun könnte dasLand ein Ziel für Terroristen abgeben - nicht nur wegen der EM.Portugal unterstützt, wie bis vor kurzem auch Spanien, die Politikder USA im Irak-Konflikt und dürfte daher besonders im Blickfeldmilitanter Islamisten stehen.
Um die EM vor möglichen Anschlägen zu schützen, bestellte LissabonAWACS-Überwachungsflugzeuge bei der NATO. Die Küste wird von Schiffender Marine abgesichert, in den Städten werden bis zu 20 000Polizisten im Einsatz sein. Portugal setzte bereits das SchengenerAbkommen bis zum Ende der EM außer Kraft und führte wiederGrenzkontrollen ein.
Bei der Kontrolle von Pässen und Ausweisen sind die Beamtenallerdings zur Improvisation gezwungen. An manchen Übergängen sinddie seit Jahren unbenutzten Grenzhäuschen verfallen. Die Polizistenhaben keine Computer und müssen Pass-Daten über die Funkgeräte ihrerStreifenwagen durchgeben. An manchen Schleichwegen, die über dieGrenze führen, gibt es überhaupt keine Kontrollen. «Wer nach Portugalrein will, kommt auch rein», schreibt die Zeitung «Correio da Manhã».Die Regierung warnt jedoch davor, in Hysterie zu verfallen. «DiePortugiesen können beruhigt sein und den Sicherheitskräftenvertrauen», versicherte Ministerpräsident José Manuel Durão Barroso.Zwar könne niemand einen Anschlag völlig ausschließen, aber es gebekeine glaubwürdige Bedrohung.
Die Portugiesen sind jedoch eher skeptisch. In einer Umfragesagten 58 Prozent der Befragten, dass sie zur EM einen Terroranschlagbefürchten. Wie groß die Aufregung ist, bekam ein Reporter desarabischen TV-Senders El Dschasira zu spüren. Er wollte eigentlicheine Reportage über die EM drehen und wurde dann von seinenportugiesischen Kollegen mit Fragen bestürmt wie: «Hat Osama binLaden etwas für Fußball übrig?»
Die EM wird 1,2 Millionen Fans aus dem In- und Ausland anlocken.Allein aus Deutschland werden etwa 50 000 Schlachtenbummler erwartet.Während der EM werden etwa 20 deutsche Polizisten in Portugalstationiert sein und ihre portugiesischen Kollegen in allen Dingenunterstützen, die mit Deutschen zu tun haben. In England sollen über2500 Hooligans, die in der Vergangenheit durch Gewalt aufgefallenwaren, an der Reise ins EM-Land gehindert werden.