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Porträt zum Geburtstag Porträt zum Geburtstag: Berufsverbot im Paradies

Von Axel Meier 22.12.2005, 20:31
Der frühere Trainer der DDR-Fußball-Nationalmannschaft und Trainer des FC Carl Zeiss Jena, Georg Buschner, aufgenommen am Rande der mdr-Talksendung «Riverboat» in Leipzig. (Foto: dpa)
Der frühere Trainer der DDR-Fußball-Nationalmannschaft und Trainer des FC Carl Zeiss Jena, Georg Buschner, aufgenommen am Rande der mdr-Talksendung «Riverboat» in Leipzig. (Foto: dpa) dpa-Zentralbild

Jena/Halle/MZ. - Die Sache ging damals ganz schnell. Nach dem Flop gegen Polen in der WM-Qualifikation im Oktober 1981 musste Buschner seine Sachen packen. "Ich war schon lange fällig. Jetzt konnten sie mich abschießen", erinnert sich der unbequeme Trainer, der vor der SED-Führung nie ein Blatt vor den Mund nahm.

Der Thüringer hatte Jena zu einer Spitzenmannschaft geformt und wurde 1970 mehrfach gedrängt, die DDR-Auswahl zu übernehmen. "Ich habe mich gewunden wie ein Aal und dann zugesagt, als es nicht mehr anders ging", weiß Buschner, der dann die DDR-Nationalelf in ihre erfolgreichste Ära führte. "Wir haben damals umgesetzt, was heute jeder Tennisspieler weiß, dass man nur mit guter Athletik bestehen kann", sagt der Trainer.

Er hat immer den Kampf der Technik vorgezogen. In der großen Zeit von 1974 bis 1976 hatte Buschner aber auch genügend spielerisches Potenzial. Der Alleinherrscher ließ sich von niemandem reinreden. Als Buschner noch Clubtrainer in Jena war, hat er bei einem Punktspiel in Berlin sogar Stasi-Chef Mielke aus der Kabine geworfen, weil dieser brutales Foulspiel moniert hatte. "Ich habe so getan, als ob ich ihn nicht kennen würde. Danach bin ich von der Stasi nie mehr belästigt worden", sagt Buschner.

Das einzige deutsch-deutsche Duell, das 1:0 über die BRD bei der WM 74, ist dem Trainer nicht so sehr sportlich ("1976 bei Olympia haben wir viel besser gespielt"), sondern wegen der Begleitumstände in Erinnerung geblieben. "Da saßen 1 500 Leute aus dem Osten im Hamburger Volksparkstadion. Da waren sicher auch Fans dabei. Aber sie waren ausgesucht. Trainer und Spieler blieben zu Hause. Meine Frau auch, als Faustpfand", berichtet Buschner.

Nach den bemerkenswerten Spielen bekam Buschner Angebote aus dem Westen. Werder Bremen versuchte es mit einem offiziellen Antrag an die Sportführung der DDR und später sogar über Außenminister Hans-Dietrich Genscher. Die Norddeutschen erhielten jedes Mal eine Absage mit der Begründung, dass Herr Buschner nicht wolle. "Dabei haben sie mich nicht einmal gefragt", sagt der Jenaer.

Mit der Nationalmannschaft ging es nach dem Olympiasieg 1976 bergab. "Wir waren ein Fußball-Hasserland, was die Funktionäre angeht. Die haben doch immer nur die medaillenträchtigen Sportarten gesehen, den Fußball vernachlässigt", hat der Trainer einen Grund parat. Nach elf Jahren musste der "Graf von Jena", wie Buschner aufgrund seiner abseits des Rasens charmanten, vornehmen Art genannt wurde, gehen.

Nach seinem Rauswurf erhielt er praktisch Berufsverbot im "Paradies", der Spielstätte der Jenaer. "Ich hätte zwar als Pförtner, aber nie wieder als Trainer arbeiten dürfen." 1984 wurden ihm zwei künstliche Herzklappen eingesetzt. Buschner wurde Invalide, fühlt sich aber nach wie vor topfit. Mit seiner Frau Sonja ist er oft in der Welt unterwegs, so auch jetzt, wenn es zum Jubiläum nach Österreich geht. Und ein Grantler ist der "Schorsch", der Hans Meyer, Jörg Berger oder Bernd Stange ausbildete, geblieben. An der heutigen Generation lässt er kein gutes Haar: "Wissenschaftlich fehlt den Trainern viel, dafür sind 90 Prozent Schaumschläger".