Polen Polen: Unterwegs im wilden Osten

Bialowieza/dpa. - Rund 400 Wisente leben im letzten Urwald Europas allein auf der polnischen Seite der Grenze in der Puszcza Bialowieska (Bialowiezer Heide). Das ist die größte Gruppe der massigen Tiere in Europa.
Ein geschnitzter Bisonkopf ziert das Tor zum einstigen Zarenpark, in dem im 19. Jahrhundert russische Aristokraten standesgemäß im dortigen Palast residierten. An der Stelle des im Zweiten Weltkrieg zerstörten Palastes stehen heute die Verwaltung des Bialowieza-Nationalparks, der Polens größter und ältester Nationalpark ist und in diesem Jahr sein 85-jähriges Bestehen feiert.
Ein Naturkundemuseum im gleichen Gebäude gibt einen ersten Überblick über Flora und Fauna des Urwalds. Wer aus der Nähe einen Blick auf einige der berühmten Bialowieza-Wisente werfen will, kann dies im Schaureservat tun. In dem kleinen Wildpark etwa vier Kilometer außerhalb von Bialowieza gibt es außer den Wisenten ein kleines Wolfrudel, Elche, Rehe, Hirsche und Wildschweine.
Bialowieza ist klein und überschaubar. Wichtigste Straße ist die ul Waszkiewicza, wo fast alle Häuser noch in der traditionellen Holzbauweise errichtet sind. Am westlichen Ende, gleich vor dem Palastpark, steht die russisch-orthodoxe Kirche, am anderen Ende der Straße die katholische. Polen und ethnische Weißrussen leben Seite an Seite, und vor allem in den weißrussischen Familien wird mit Hingabe der kunterbunte blütenreiche Bauerngarten gepflegt.
Vor den Dorfläden, in denen auch die Menschen aus den umliegenden kleinen Dörfern einkaufen, scheint die Zeit manchmal stehen geblieben, wenn alte Bauern mit wettergegerbten Gesichtern, die Frauen mit bunt gedrucktem Kopftuch, mit der Pferdekutsche oder dem Pferdeschlitten vorfahren, um ihre Einkäufe zu erledigen.
Die Touristen, die nach Bialowieza kommen, suchen vor allem Ruhe, Entspannung und die Begegnung mit der Natur. Viele der zahlreichen Pensionate und Privatunterkünfte verleihen Fahrräder. Naturfreunde können stundenlang auf den Wander- und Radwegen durch den Nationalpark streifen, etwa entlang der «Wolfsroute» oder der «Jägertrasse».
Nur mit einem Führer des Nationalparks darf dagegen die «geschützte Zone» des Nationalparks besucht werden. Seit mehr als 80 Jahren gibt es dort keine Eingriffe des Menschen in die Natur mehr. Damit das empfindliche Gleichgewicht nicht gestört wird, darf täglich nur eine begrenzte Zahl von Besuchern diese Zone betreten, in der einige der ältesten Bäume des Parks stehen, etwa 400 Jahre alte Eichen. Wenn am langen Wochenende Anfang Mai bis zu 6500 Touristen in das gerade mal 2000 Einwohner zählende Bialowieza kommen, müssen daher viele Besucher draußen bleiben. Ihnen bleibt die tröstende Einsicht: Auch der Rest des Nationalparks ist ganz schön wild.
Informationen: Polnisches Fremdenverkehrsamt, Kurfürstendamm 71, 10709 Berlin (Tel.: 030/210 09 20).
