Paul Biedermann Paul Biedermann: Senkrechtstarter 2010 schlägt Senkrechtstarter 2009
Budapest/MZ. - Bevor er sich in dieabgeschirmte Sammelzone für die Wettkämpfermit der Aufschrift "Last Call Room" begab,wechselte er mit seinem Trainer Frank Embachernoch einen Blick, eine kurze Umarmung, unddann tauchte der Hallenser ab in seine letzteheiße Konzentrationsphase.
Gebracht hat der Tunnelblick offenbar nichts.Zumindest keinen EM-Titel. Denn das Finaleüber 400 Meter Freistil und damit das ersteGold dieser EM-Beckenwettkämpfe überhauptgewann nach einem packenden Schlagabtauschnicht der Weltrekordler und Weltmeister aufdieser Distanz, sondern Frankreichs ShootingstarYannick Agnel. Und wieder war Biedermann insich gekehrt. Nur einige wenige Worte ranger sich beim Gang durch die Mixed-Zone ab."Die 400 Meter sind in diesem Jahr einfachnicht mein Ding, die Strecke ist für michzu lang geworden", sagte Biedermann tief enttäuschtund zuckte auf die Frage, woran es denn gelegenhat, mit den Schultern. "Ich weiß es nicht.Er war einfach besser, das muss ich anerkennen."
Ein Küsschen seiner Freundin Britta Steffen,die ihn gleich hinter dem Beckenrand abgepassthatte, konnte da auch keinen Trost spenden.Trotzdem musste Biedermann die Niederlageschnell verdauen und sich auf die 80 Minutenspäter anstehende Staffel konzentrieren. Dieführte er dann zu Platz fünf. Gemeinsam mitden Deibler-Brüdern Markus und Stefan sowieLeipzigs Altmeister Stefan Herbst verbesserteer in 3:15,97 Minuten den sieben Jahre altendeutschen Rekord um eine Hundertstel.
Die Bestmarke aber konnte eines nicht verhindern:Das Thema des Tages aus deutscher Sicht wardie Niederlage ihres Super-Kraulers Biedermann.In 3:46,30 Minuten war der Weltrekordler nur13 Hundertstel langsamer als Agnel. Der freutesich diebisch über seinen Coup. "Genial", jubelte der 18-Jährige,der mit seinen 3:46,17 Minuten hinter demChinesen Zhang Platz zwei in der der Weltbestenlistedes Jahres einnimmt. "Ich wollte ein perfektesRennen, denn es war mein erster großer Startbei den Erwachsenen. Ich habe nur insgeheimdaran gedacht, gewinnen zu können", sagteer.
Nahezu während des gesamten Rennens war der2,02-Meter-Mann vornweg geschwommen. Erstauf den letzten Metern kam Biedermann ihmnoch einmal gefährlich nahe. Doch Agnel konnte- sicher zur Überraschung des Favoriten -noch einmal kontern. "Wahrscheinlich habeich meinen Schlussspurt zu spät begonnen",mutmaßte Biedermann nach einer ersten Auswertungmit seinem Trainer.
Im Prinzip ist Agnel das gelungen, was Biedermannim Vorjahr bei der WM geschafft hat: Da warder Hallenser der Senkrechtstarter, der demEtablierten Michael Phelps die Grenzen aufgezeigthat. Nun machte Agnel dasselbe mit ihm.
Biedermann hakte die Niederlage trotzdem schnellab. "Jetzt kann ich mich auch über Silberfreuen. Und die Zeit ist ja auch okay. Ichbin jedenfalls froh, dass der Druck weg istund konzentriere mich jetzt auf die 200 MeterFreistil." Da ist er der Zweitschnellste indiesem Jahr hinter US-Superstar Michael Phelps.Und der fehlt bei der EM zum Glück.