Österreich Österreich: Mit den Nachwächtern in Steyr schlemmen

Steyr/dpa. - Hat Sechse gschlogn!»
An der Pfarrkirche der oberösterreichischen Stadt Steyr sammeln sich Menschen rund um die Gestalten mit den langen schwarzen Mänteln und Hüten - zur Stadtführung der etwas anderen Art. «Nachtwächter Dine-around» nennt sich die gut dreistündige Tour durch die gotisch-barocke Innenstadt, bei der auch geschlemmt wird. Erzählte und gespielte Geschichten führen ein paar Jahrhunderte zurück, als tatsächlich noch die Nachtwächter als Amts- und Respektspersonen das nächtliche Stadtbild am Zusammenfluss von Enns und Steyr prägten und den Menschen die Zeit verkündeten.
«Die Idee entstand im letzten Sommer eigentlich eher spontan», sagt Nachtwächterin Brigitte Mayer. Im bürgerlichen Leben ist sie Stadtführerin, ihr Hobby ist die Heimatkunde. Im Stabpuppentheater, dem so genannten Steyrer Kripperl, stieß sie das erste Mal auf den Nachtwächter. Zusammen mit ihren Kolleginnen heckte sie dann die besondere Stadtführung aus. Der erste Versuch war gleich ein großer Erfolg, und im vergangenen Winter gab es schon mehrere Touren pro Tag. Zehn vom Bürgermeister eigens für diese Aufgabe vereidigte Männer und Frauen versehen inzwischen ihren Dienst als Nachtwächter.
Die erste Station ist der Stadtpfarrkirchenturm aus dem 15. Jahrhundert. Über 243 enge Stufen einer Wendeltreppe geht es hinauf auf die Aussichtsplattform. Der Lohn ist ein wunderschöner Überblick über die kleine Industriestadt. Der Turm hatte für die Nachtwächter große Bedeutung, konnte man doch gut Ausschau nach Rauch und Feuer halten. Für die Rundgangs-Teilnehmer gibt es hier oben Sekt - als Belohnung für die Plagerei herauf, aber auch als Aperitif für das weitere Programm.
Die Fakten rund um das mittelalterliche Nachtwächterleben vermitteln die Stadtführer durch Anekdoten. Wie zum Beispiel, dass Steyr schon sehr früh auch Nachtwächterinnen angestellte: «Weil die nämlich im Gegensatz zu ihren männlichen Kollegen nicht so schnell der Trunksucht verfallen sind», sagt ihre Nachfolgerin Brigitte Mayer mit einem schelmischen Grinsen. Weiter geht es zum Kripperl. Das dort beheimatete Stabpuppentheater ist das letzte in Europa, das noch regelmäßig bespielt wird. 455 handgeschnitzte Figuren werden dort für 24 Szenen in Schuss gehalten. Während einer kleinen Vorführung laben sich die Gäste am zweiten Gang, der «Weintraubenwirtin-Jause».
Die Tour führt quer über den Stadtplatz ins Steyrdorf. Während sich die Teilnehmer nun mit ihren eigenen Laternen den Weg leuchten, ertönt immer wieder das alte Nachtwächter-Lied - manchmal auch zur Gaudi der Einheimischen. Je nach Jahreszeit lockt im Dunkelhof, einem romantischen Innenhof, oder im Weihnachtsmuseum die Dunkelhof-Suppe. Dann geht es gemütlich zum Restaurant, wo Hauptgang und Dessert gereicht werden.
Informationen: Tourismusverband Steyr, Stadtplatz 27, A-4402 Steyr (Tel. von Deutschland: 0043/7252/53 22 90).