1. MZ.de
  2. >
  3. Varia
  4. >
  5. Olympische Medaillengewinner: Olympische Medaillengewinner: Noch immer im Zweier aktiv

Olympische Medaillengewinner Olympische Medaillengewinner: Noch immer im Zweier aktiv

Von Heidi Pohle 02.12.2002, 08:56

Halle/Fichtenwalde. - Als Rüdiger Reiche 14Jahre alt war, überragte der Querfurter seine Klassenkameraden um gut zwei Köpfe. Sein Sportlehrer schickte ihn deshalb nach Halle zur Kinder- und Jugendsportschule (KJS). "Ich sollte Basketballspieler werden", erinnert sich der heute 47-Jährige. Sein Pech - gerade in jenem Jahr, 1969, wurde in der DDR entschieden, Basketball nicht mehr als olympische Sportart zu betreiben.

Da aber der hallesche Olympia-Stützpunkt Rudern lange Kerle gut gebrauchen konnte, wechselte Reiche dorthin - bis 1985 holte der Zwei-Meter-Mann so manche Medaille, krönte seine Laufbahn mit olympischem Gold im Doppel-Vierer 1976 in Montreal. Trainiert hat er dafür bis 1980 in Halle. "Die Strecken auf der Saale habe ich noch sehr gut in Erinnerung", sagt der einstige Leistungssportler, der jahrelang zu den Weltbesten seiner Sportart gehörte.

Nach seiner aktiven Laufbahn, die er 1985 bei Dynamo Potsdam beendete - dort war auch seine Frau Kerstin aktive Ruderin - wurde Reiche Trainer der Juniorinnen. Fünf Jahre später kam die Kündigung und vom Westberliner Ruderclub gleichzeitig das Angebot, dort ebenfalls Weltklassesportler zu trainieren. "Da konnte ich fast am gleichen Ort weiter arbeiten - der Seekrug Potsdam und der Wannsee sind ja nur etwa 15 Kilometer voneinander entfernt und miteinander verbunden - seit der Wende endlich wieder ohne Barrieren", sagt Reiche.

An die Zeit als Trainer am Wannsee erinnert er sich gern. Nicht nur, weil er recht erfolgreich war. "Ich hatte auch zum ersten Mal das Vereinsleben kennen gelernt. Und neue Freunde gefunden. Das gefiel mir so, dass ich mich nicht lange bitten ließ, wieder aktiv zu werden", schildert er. Als Trainer sei er zwar auch auf dem Wasser gewesen, "aber nur im Motorboot".

Es dauerte dann nicht mehr lange, bis er mit seinem Partner im Doppel-Zweier von 1977, Uli Schmied, wieder zu Regatten fuhr, auch auf internationaler Ebene. Die Erfolge, die sich bald einstellten, seien gar nicht so wichtig für ihn gewesen. "Der aktive Sport war wie ein Jungbrunnen für mich", schwärmt Reiche, "die körperliche Herausforderung hatte mir gefehlt." Und weil es so gut läuft, sitzt er seit zwei Jahren auch noch im Doppel-Vierer der alten Herren.

Bei drei- bis viermal Training pro Woche müsse er mit seiner Zeit ganz schön haushalten, erzählt Reiche, der mit seiner Frau, die als Physiotherapeutin die Ruder-Nationalmannschaft betreut, und 19-jährigem Sohn seit Jahren im eigenen Haus in Fichtenwalde südlich von Berlin wohnt. Denn Geld verdienen muss er schließlich auch noch. Nachdem er 1994 als Trainer aufgehört und einen beruflichen Ausflug in die Immobilien-Branche gewagt hatte, leitet er seit rund fünf Jahren einen Kompostierungs-Betrieb in Berlin-Schönefeld.

Das sei nun ein ganz anderes Metier. Aber was den Umgang mit den Mitarbeitern angehe, könne er noch viel von seiner Trainerzeit profitieren. Überhaupt habe ihm der Sport geholfen, im Leben auch Tiefs zu überwinden. Und es sei wichtig, dass die Familie in solchen Situationen Rückenhalt gebe, der Partner Verständnis zeige.

Reiche hat Halle nie ganz aus den Augen verloren. Klar, dass er sich für die Stadt freut, wenn es tatsächlich mit Olympia klappen sollte. Einen wichtigen Teil seines Lebens habe er schließlich an der Saale verbracht. In diesem Jahr hat er zum ersten Mal an einem Treffen ehemaliger Sportler in Halle teilgenommen. Und sich in der Stadt umgesehen: "Es hat sich ja vieles zum Positiven verändert - im Ruder-Zentrum Böllberg, aber auch in der Stadt. Und manches sei kaum wiederzuerkennen.