Olympia 2008 - Tag 7 Olympia 2008 - Tag 7: Zwei neue Dopingfälle
Peking/dpa. - Während der dreimalige OlympiasiegerMichael Groß vor einer Vorverurteilung der herausragenden Leistungendes Amerikaners warnt, beobachtet Hochsprung-Olympiasiegerin HeikeHenkel die Großtaten von Phelps mit «gemischten Gefühlen». Auch derKölner Doping-Analytiker Wilhelm Schänzer ist skeptisch. «Es würdemich nicht wundern, wenn im Nachhinein noch unerlaubte Mittelentdeckt würden», sagte er am Freitag in einem Gespräch mit derDeutschen Presse-Agentur dpa.
Unterdessen wurden bei den Peking-Spielen zwei weitere Doping-Fälle bekanntgemacht: Der zweifache Medaillengewinner Kim Jong-Su unddie Turnerin Thi Ngan Thuong aus Vietnam sind positiv getestetworden. Der Schütze aus Nordkorea ist der Einnahme des verbotenenBetablockers Propranolol überführt und nachträglich disqualifiziertworden. Er müsse seine Silbermedaille aus dem Wettbewerb mit derFreien Pistole und das Luftpistolen-Bronze zurückgeben, teilteGiselle Davies, Sprecherin des Internationale Olympischen Komitees(IOC), mit. Bei Thi Ngan Thuong Do wurden Spuren des DiuretikumsFurosemid gefunden.
Bisher hat das IOC 2203 Tests in der chinesischen Hauptstadtdurchgeführt. Die niedrige Zahl der positiven Proben sei eine Folgedes «erhöhten Bewusstseins bei den Athleten, dass Dopinginakzeptabel» sei, betonte Arne Ljungqvist, Vorsitzender derMedizinischen Kommission des IOC. Die Zahlen seien auf jeden Fall«sehr ermutigend». Zuvor war unter der IOC-Hoheit bereits diespanische Radfahrerin Maria Isabel Moreno mit dem BlutdopingmittelEPO erwischt worden
Laut Schänzer könne man angesichts der Flut von 21 Welt- und 24Europarekorden im «Wasserwürfel» von Peking den Missbrauch vonillegalen Mitteln nicht ausschließen. «Gewisse leistungsförderndeMittel wie Insulin oder Fremdblut-Doping können momentan nichtentdeckt werden», berichtete Schänzer. Das IOC hatte angekündigt,alle 4500 Doping-Proben der Pekinger Spiele für einen Zeitraum vonbis zu acht Jahren einzufrieren und mit neuen Analysetechniken auchnachträglich zu prüfen.
Der einstige deutsche Schwimm-Star Michael Groß sieht dagegen inden außergewöhnlichen Leistungen in Peking keinen Grund für einenGeneralverdacht. «Ich würde mir verbitten zu sagen, das geht nur mitDoping», sagte er im Interview mit dem «Deutschlandradio Kultur».Wenn das so wäre, «müssten wir die Spiele einstellen und sie'Olympischen Zirkus' nennen». Hinter den extremen Leistungen stehevor allem die starke Professionalisierung des Sports. Das habezunächst einmal nichts mit Doping zu tun, meinte Groß. der langeOberkörper von Michael Phelps, sein extremer Beinschlag sowie dieTechnik der Startsprünge und Wenden seien die halbe Miete desErfolgs, glaubt der einstige Weltklasse-Schwimmer: «Er benutzt seinenArmzug wie eine Wand, um sich daran hochzuziehen. Da ist tierischPower dahinter, die seine Leistungs-Dimension erklärt.»
Bereits seit dem 15. Lebensjahr schwimme der Amerikaner auf extremhohem Niveau. Seine Entwicklungs-Kurve sei nachvollziehbar undrelativ normal. «Das Einzige was mich beeindruckt und erstaunt, istdieses extrem hohe Leistungsniveau mehrfach hintereinander. Das istschon fast unmenschlich», äußerte Groß. «Vielleicht wäre es für ihnmal gut, wenn er ein Rennen verliert, um zu zeigen, dass er keinÜbermensch ist.»
Einen solchen Persilschein mag Phelps die frühere HochspringerinHeike Henkel nicht ausstellen. «Wenn ich die Zeiten sehe, werde ichskeptisch. Da frage ich mich schon: Wie ist das möglich ohneunterstützende Mittel?», sagte die Olympiasiegerin von 1992 «Zeitonline». «Dass er nur wegen seines speziellen Schwimm-Anzugs soschnell schwimmt, kann ich mir nicht vorstellen.» Sie verstehe, wenngegen Sportler ein Generalverdacht besteht und könne «nachvollziehen,dass ein Großteil des Publikums den Glauben verloren hat».