Oberliga Oberliga: Sachsen Leipzig auf Schlitterkurs
Leipzig/dpa. - Fünf Tage vor dem Trainingsauftakt droht dem Clubsogar die Pleite und damit der Zwangsabstieg in die Landesliga, auchwenn Geschäftsführer Jens Ellinger abwiegelt: «Wenn alle Partnerihren Verpflichtungen nachkommen, sehe ich keine Insolvenzgefahr»,betonte der frühere Trainer von Rodel-Olympiasiegerin Sylke Otto, dersich im für ihn neuen Fußball-Metier auf Schlitterkurs befindet undsogar seinen Rücktritt anbietet: «Wenn das dem Verein hilft, sofort.»
Ellinger war im August vergangenen Jahres neben dembundesligaerfahrenen Trainer Eduard Geyer als neuer starker Mann beiden Leipzigern verpflichtet worden. Bei seinem Amtsantritt kündigteer an, den Verein in den bezahlten Fußball bringen zu wollen. Dochstattdessen musste Ellinger, der zuvor zehn Jahre alsTourismusmanager in Oberwiesenthal gearbeitet hatte, vor allemKrisenmanagement betreiben. Seine persönliche Bilanz fällt kritischaus. «Ich habe nicht das erreicht, was geplant war. Wir haben zwareiniges schön verpacken können, aber das Kernprodukt stimmte nicht.Als Geschäftsführer bin ich immer auch abhängig von den Leistungender ersten Mannschaft», sagte Ellinger.
Die Mannschaft des FC Sachsen, ausgestattet mit dem höchstenEtat der Liga und gespickt mit ehemaligen Zweitligaprofis, versagtejedoch auf ganzer Linie. Neun Punkte fehlten am Ende zum angepeiltenAufstieg. Zudem scheiterte die Mannschaft im Landespokal-Halbfinalegegen das unterklassige Erzgebirge Aue II. Doch auch im Präsidium,dem Ellinger seit April auf Drängen von Zentralstadion-Besitzer undGroßsponsor Michael Kölmel angehört, häuften sich die Differenzen.Der Geschäftsführer soll von Vorstandskollegen gemobbt worden sein.«Wir waren in manchen Punkten nicht gleicher Meinung. Dafür bin ichaber einer, der nicht aus dem Fußball kommt und einige Dinge anderssehe», beschwichtigte Ellinger.
Die Meinungsverschiedenheiten schwelen im Hintergrund weiter.Aufsichtsrat und Vorstand haben als Zielstellung für die Saison Platz2 bis 6 ausgegeben, obwohl sich nur vier Teams für die neue vierteLiga qualifizieren. Ellinger hat für solche Peinlichkeiten nur einKopfschütteln übrig: «Dazu möchte ich keinen Kommentar abgeben»,bemerkte der diplomierte Sportlehrer, der sich in den vergangenenWochen zusätzlich mit den Wünschen von Geldgeber Kölmelauseinandersetzen musste. Der Filmrechtehändler forderte unlängst denRücktritt des Vereinspräsidenten Rolf Heller und forciert nun dieTrennung von Trainer Geyer, der pro Monat stolze 15 700 Euroverdienen soll.
Diese Nebengeräusche stören die Arbeit von Ellinger, der deshalbsichtlich bemüht ist, die aufgeladene Atmosphäre im und um den Vereinzu beruhigen. «Das Hineinreden von außen ist im Fußball so extrem wiein keiner anderen Sportart», stellte Ellinger fest. «Wir wollen hierein gigantisches Rad drehen. Doch wenn immer jemand in die Speichengreift, kommen wir nie in Schwung», hatte er gesagt. Besser lässtsich das Chaos beim FC Sachsen Leipzig derzeit nicht beschreiben.