Nikolaikirche Aken Nikolaikirche Aken: Der «Pfarrer i. B.» wird noch lange nicht ruhig
Aken/MZ. - Der Vordruck für künftige Briefköpfe, den Pfarrer Friedrich Dickmann am Samstag geschenkt bekam, sagte alles: "Pfarrer i. B." stand darauf - Pfarrer in Bewegung. Zwar wurde Dickmann mit einem feierlichen Gottesdienst in der Nikolaikirche Aken offiziell in den Ruhestand verabschiedet. Mit Ruhe aber hat er wenig am Hut. Und mit Abschied schon gar nichts.
Der 1939 in Marburg geborene Pfarrer sprach in seiner Predigt ausdrücklich von "Veränderung". Und er kündigte an, noch einige Jahre in Aken zu bleiben, dem Stadtrat und als Schöffe dem Amtsgericht des Kreises zur Verfügung zu stehen. Er wird weiter im Kirchen- und Männerchor singen, wird das Kirchenarchiv ordnen, das Unbekannte einst bei einem Einbruch durcheinander gebracht und zum Teil zerstört hatten. "Eigentlich hätte ich damit längst fertig sein müssen", gibt er zu. Sein Interesse an den alten Akten war aber immer so groß, dass er stundenlang las statt zu ordnen.
Vor zehn Jahren trat der Theologe, der zuletzt 18 Jahre lang an der Universitätskirche Marburg war, seine Pfarrstelle in Aken an. "Ich bin ein Ur-Hesse, war vorher nie weg", sagt er. Mit der Wende habe er jedoch gespürt, dass es Zeit für Veränderung war. Zeit, um in einem Dorf oder einer Kleinstadt als Pfarrer für die Menschen da zu sein. Dass es die Stadt an der Elbe wurde, lag nicht zuletzt an der nun seit 47 Jahren bestehenden Partnerschaft zwischen den Kirchgemeinden Aken und Marburg.
Was für ihn die schönste Erfahrung war? "Es gibt keinen Unterschied in der Mentalität der Menschen in Marburg und hier. Das konnte auch die deutsche Teilung nicht zerstören", sagt Dickmann. Und: "Man hat mich hier nie spüren lassen, dass ich nicht dazugehöre. Ich habe in Aken Heimatgefühl und Heimatrecht gewonnen." Als er das erste Mal für den Weg von seiner Wohnung bis zum Rathaus statt drei Minuten 30 brauchte, weil ihn unterwegs so viele Leute ansprachen, da wusste er: Jetzt gehöre ich dazu.
Dass er dazugehört, war am Samstag auch beim Empfang im prall gefüllten Gemeindesaal zu spüren. Da musste Dickmanns Nachfolger Uwe Rödiger schon ordnend eingreifen, um bei der hohen Zahl der Grußworte kein Chaos entstehen zu lassen. Alle waren sie gekommen: Familie, Freunde, Gäste aus Marburg und dem bei Marburg gelegenen Rhena, wo Dickmann seine erste Pfarrstelle antrat. Und natürlich jene, die in Aken und den umliegenden Orten Rang und Namen haben. Alle fanden sie anerkennende und humorvolle Worte für ihren "Fritz", der hinterher schmunzelnd zugab, eitel genug zu sein, um es zu genießen, so im Mittelpunkt zu stehen.
Würdigung fand neben vielen anderen Punkten auch Dickmanns jahrelanges Engagement für die Sanierung der Gotteshäuser. So sei es gelungen, mit 200 000 Mark die Turmdeckung der Nikolaikirche zu finanzieren, mit 20 000 Mark die Sanierung der Orgel. In der einst verfallenen Michelner Kirche können heute wieder Gottesdienste stattfinden, die wertvolle Zuberbier-Orgel in Chörau sieht einer Sanierung entgegen. Anstelle von Blumen und Geschenken hatte Dickmann zur Verabschiedung um Spenden dafür gebeten - allein bei der Kollekte zum Gottesdienst kamen 941 Mark zusammen.
Voller Freude waren Dickmann und seine Mitstreiter auch aus einem anderen Grund: Zum Gottesdienst überreichte die Lotto-Toto GmbH Sachsen-Anhalt einen symbolischen Scheck über 110 500 Mark. Mit dem Geld sollen unter anderem die Dachkonstruktion und die Dacheindeckung der Seitenschiffe erneuert sowie die Obergaden- und Chorfenster repariert werden. "Das ist ein Segen", freute sich Gemeindekirchenratsvorsitzender Andreas Neugebauer. Die mehr als 700 Jahre alte Nikolaikirche ist das älteste Gebäude Akens und gehört zu den Kunstdenkmälern in Sachsen-Anhalt.