Neuer Allfinanz-Konzern Neuer Allfinanz-Konzern: Schon wieder ein historisches Datum
Frankfurt (Main)/MZ. - Bernd Fahrholz nimmt das Wort nur vorsichtig in den Mund. "Ich will nicht pathetisch werden, aber es ist sicherlich nicht vermessen, von einem historischen Datum zu sprechen", sagt der Vorstandssprecher der Dresdner Bank im sonnendurchfluteten Atrium der Bankzentrale in Frankfurt. Die Vorsicht ist berechtigt. Denn fast auf den Tag genau vor 13 Monaten, am 9. März 2000, fand an der selben Stelle schon einmal eine "historische Pressekonferenz" statt. Doch während das damals aus Deutscher und Dresdner Bank groß angekündigte "Europäische Powerhaus" nach nur vier Wochen kläglich gescheitert ist, soll nun am Erfolg nicht gerüttelt werden. Fahrholz und sein neuer, alter Partner, Allianz-Chef Henning Schulte-Noelle, bemühen sich zusehends, nicht einmal den Anflug von Misstrauen aufkommen zu lassen. Die Dresdner werde in Zukunft nicht aus München regiert, lässt Fahrholz wissen. Auch das Gerücht, dass es beim anschließenden Imbiss nur Weißwürste gebe, sei völlig aus der Luft gegriffen. Schulte-Noelle schlägt in die gleiche Kerbe: Auch nach dem Zusammenschluss werde Frankfurt die führende Finanzmetropole sein, hier werde die Dresdner Bank verwurzelt bleiben. Warum aber erst jetzt? Warum das peinliche Allianz-Zwischenspiel mit der Deutschen Bank? Warum noch im vergangenen Sommer der ebenfalls erfolglose Versuch einer Ehe zwischen Dresdner und Commerzbank? Die Zeiten hätten sich geändert, sagt Schulte-Noelle. Jetzt sei eben der richtige Zeitpunkt, an dem sich der weltgrößte Versicherer mit der drittgrößten deutschen Bank in ein Boot setzen müsse. Die Verhältnisse sind klar: Die Allianz übernimmt die Dresdner. Das sei zwar nur ein technischer Begriff, will Fahrholz betonen. Doch schon wenige Minuten später macht Schulte-Noelle klar, wer der Chef im Ring ist. Obwohl die Allianz schon seit Jahren mit knapp 20 Prozent an der Dresdner beteiligt ist, obwohl man schon vor Jahren eine enge Vertriebskooperation vereinbart hat - das Ergebnis hat den Münchner Strategen nicht zufrieden gestellt. Nur 20 Prozent der Versicherungsprodukte würden heute über die Bankschalter verkauft, bei Investmentfonds seien es dagegen 70, bei Aktien gar 90 Prozent. Mit den eher mageren Renditen, die die Dresdner-Beteiligung der Allianz bisher gebracht hat, will sich die Versicherung nicht mehr zufrieden geben. "Private Altersvorsorge" heißt das Stichwort, das bezeichnenderweise Schulte-Noelle zuerst in den Mund nimmt. Zweistellige Zuwächse bei Lebensversicherungen und Investmentfonds könne die Branche von der gesetzlichen Neuregelung der Rentenversicherung erwarten. Und weil beide, Versicherungen wie Banken, davon überzeugt sind, dass sie für die Deckung der "Alterslücke" die besseren Produkte zu bieten haben, ist es für den weltgrößten Versicherungskonzern natürlich am besten, wenn er sich beides sichern kann. Schulte-Noelle und der ehemalige Investmentbanker Paul Achleitner, heute Finanzvorstand der Allianz, haben eine neue "Deutschland AG" auf dem Reißbrett entworfen, die nun Zug um Zug entstehen wird. Auf der einen Seite stehen die Allianz und Dresdner Bank, auf der anderen Seite die Münchner Rückversicherung, die Hypovereinsbank und die Ergo-Versicherungsgruppe. Um das bisher komplizierte Geflecht von gegenseitigen Beteiligungen zu entzerren, gibt die Münchner Rück ihren Anteil an der Dresdner Bank an die Allianz, die Allianz zieht sich bei der Hypovereinsbank zurück. Am Ende werden nur noch Allianz und Münchner Rück als neue Muttergesellschaften mit je rund 20 Prozent aneinander beteiligt sein. Jetzt sollen die Dresdner-Aktionäre dem Rat des Vorstands folgen und das Übernahmeangebot annehmen. Doch dies, so rechnet der Investmentbanker der Dresdner, Leonhard Fischer, vor, sei ein Selbstläufer. Wenn mit dem Sonnenschein auch an der Börse die Frühjahrs-Hausse beginnen wird, könnten die Dresdner-Aktionäre ein echtes Schnäppchen machen - als Besitzer von Allianz-Anteilen.