Motorsport Motorsport: Ferrari ist Favorit

Stuttgart/dpa. - «Ichräume Kimi Räikkönen die besten Chancen ein», legte sich Formel-1-Chef Bernie Ecclestone schon vor dem Saisonstart am 16. März inMelbourne auf den finnischen Titelverteidiger als erneutenWeltmeister fest. Ein Herzschlagfinale wie im Vorjahr wäre zwar derHit, scheint aber kaum wiederholbar, zumal der zweifache ChampionFernando Alonso nach der Dauerfehde mit seinem Teamkollegen LewisHamilton und McLaren-Mercedes reumütig zu Renault zurückgekehrt ist.
Deutschland bleibt bei den Piloten zumindest quantitativ dieNummer 1: Allerdings dürfte vom Quintett Nick Heidfeld, Nico Rosberg,Timo Glock, Sebastian Vettel und Adrian Sutil keiner ernsthaft insWM-Rennen eingreifen können. Selbst ein Sieg ist nichtselbstverständlich. Zudem gibt es aus deutscher Sicht ein Novum:Erstmals seit 18 Jahren ist kein «Schumi» am Start. Superstar MichaelSchumacher stieg nach sieben WM-Titeln, 91 Grand-Prix-Erfolgen undzahlreichen weiteren Bestmarken für die Ewigkeit 2006 aus, seinemBruder Ralf blieb nach dem Cockpit-Verlust bei Toyota nur der Wechselins diesjährige Deutsche Tourenwagen Masters (DTM).
«Wir wollen gewinnen und beide Titel verteidigen», sagt Ferrari-Pilot Räikkönen und setzte sich damit hohe Ziele. «McLaren-Mercedesdürfte wieder unser härtester Konkurrent sein.» Der 28 Jahre alteFinne rechnet damit, dass sich das wahre Kräfteverhältnis erst nachein paar Rennen abzeichnet, hofft aber dennoch auf klarereVerhältnisse als im Vorjahr. Scheinbar schon geschlagen, profitierteder Schumacher-Nachfolger bei der Scuderia vom Dauerstreit sowietaktischen und fahrerischen Fehlern bei den Silberpfeilen imSchlussspurt. Sensationell setzte sich der «Iceman» schließlich beimheißen Saisonfinale von Sao Paulo in der knappsten WM-Entscheidungder Grand-Prix-Geschichte mit nur einem Zähler Vorsprung vor denpunktgleichen Rivalen Hamilton und Alonso durch.
Es bleibt abzuwarten, wie McLaren-Mercedes den größtenteils selbstverschuldeten Titelverlust verkraftet hat. Offen ist auch, ob sichdas britisch-deutsche Team vom folgenschweren Spionage-Skandal unddem nervigen Dauerstreit mit dem spanischen «Stänkerer» Alonso erholthat. Zudem tragen die Spekulationen um eine Ablösung von Teamchef RonDennis nicht zur Klimaverbesserung bei. Hamilton versichert, er habedas Vergangene verarbeitet und abgehakt: «Ich fühle mich stärker als2007. Wir tun alles dafür, unsere Ziele zu erreichen.» Im Klartextheißt dies: Revanche für den verspielten Fahrertitel und die durchdas harte Urteil des Internationalen Automobil-Verbandes FIAjuristisch verlorene Konstrukteurs-Krone. «Die Jungs aus dem Vorjahrwerden wohl wieder die härtesten Gegner sein», prognostizierte der 23Jahre junge Vizeweltmeister.
Möglicherweise wird der Kampf um den dritten Rang spannender alsdas erwartete Duell an der Spitze. BMW-Sauber zeigte bei den Testsgewisse Schwächen, hat aber vielleicht nur geblufft. «Wir sind nochnicht da, wo wir sein wollen. Ich denke aber, dass wir drittstärksteKraft sind», urteilte Heidfeld. Für den Mönchengladbacher, der in 132Grand Prix noch nie gewonnen hat, geht es um viel. «Der erste Siegist unser Ziel», sagte er. «Ich glaube daran, dass wir es schaffen.»Zudem muss die neue deutsche Nummer 1 den Angriff Rosbergs fürchten.
Williams-Toyota machte mit seiner neuen Nummer 1 über den Wintermit die größten Fortschritte. «Das neue Auto kann alles besser alsdas alte», resümierte Nico Rosberg. «Mit Glück schaffe ich einenPodiumsplatz.» Rekord-Weltmeister Schumacher traut dem 22-Jährigenaus Wiesbaden auch dank des Potenzials des neuen FW30 eine Menge zu.«Ich hoffe, er hat Recht», bedankte sich Rosberg artig.
Eine Fahrt ins Ungewisse steht Timo Glock bei Toyota bevor. Ob derjapanische Etat-Krösus endlich nach vorn stoßen kann oder weiter anAnschluss verliert, lässt sich derzeit nicht sagen. «Schön wäre es,wenn wir in die Punkte fahren könnten, was aber sehr schwierig wird»,macht sich der GP2-Champion von 2007 keine Illusionen. Allerdingsglückte dies dem 25-Jährigen aus Wersau bei seinem Kurzeinsatz fürJordan 2004 in Kanada als Siebter schon einmal.
Auf einen Aufwärtstrend dürfen Vettel und Sutil hoffen. ToroRosso, das schon 2007 für einige Überraschungen sorgte, könnte dieSensation werden und einigen Mittelfeldteams auf den Pelz rücken.«Ich hoffe, dass es für Punkte reicht», sagte Vettel, der mit 20Jahren jüngste deutsche Starter. «Auf jeden Fall einen oder zwei,vielleicht auch drei Punkte», wünscht sich Sutil, der diese Saisonals «Schlüsseljahr» einstuft. Wegen des Einstiegs des finanzkräftigenneuen Teambesitzers Vijay Mallya geht der talentierte Pianist ausGräfelfing davon aus, dass Force India besser bei der Musik dabeiist.
Wie jedes Jahr gibt es einige Regeländerungen. Das Verbot derTraktionskontrolle, die Einheitselektronik und die auf vier Rennenverlängerte Haltbarkeit des Getriebes sind die einschneidenstentechnischen Neuerungen. In der Qualifikation bleibt es beim K.o.-System. Allerdings wird die erste Runde um fünf auf 20 Minutenverlängert, die dritte Runde dafür um fünf auf zehn Minuten verkürzt.Neu im auf 18 Läufe aufgestockten WM-Kalender sind Valencia undSingapur, wo erstmals ein Nachtrennen stattfindet. In Deutschland istder Hockenheimring (20. Juli) in diesem Jahr statt des Nürburgringsan der Reihe.