Moselland Moselland: Von Winzer zu Winzer

Bremm/dpa.« - Auch im nüchternen Zustand wird einem beim Blick von den steilenWeinbergen auf die Mosel schnell schwindelig. Stolz wird von dergrößten Steillagen-Weinbauregion der Welt gesprochen - etwa 43Prozent der rund 9000 Hektar Rebfläche haben eine Steigung von mehr als 30 Prozent, extreme Lagen um vieles mehr. Bewunderung für die Arbeit des Winzers kommt auf, der ohne Höhenangst traditionell 17 mal zum Rebstock geht, um beim 18. Mal zu ernten.
Mehr als 240 Kilometer lang windet sich der Fluss auf deutschemTerrain tief durch das Rheinische Schiefergebirge, bis er bei Koblenz in den Rhein fließt. Dass sich die Hänge mit ihren südwärts gerichteten steilen Flanken besonders gut für den Weinbau eignen, erkannten schon die Römer. Sie machten das unwegsame Gelände durch Terrassen urbar und pflanzten Reben.
An ihrem Oberlauf konnte die Mosel, die hier unsichtbare Grenze zu Luxemburg ist, noch sanftere Hügel formen. Zwischen Perl und Trier ist alles weitläufiger, nicht nur geologisch. Im Weingut und Gästehaus Matthias Dostert in Nittel regiert Tochter Carina mit, Deutsche Weinkönigin 2000/2001. Persönlich ist die Atmosphäre, fast nur Stammgäste sitzen am Frühstückstisch bei Winzersekt und selbst gemachter Konfitüre. Kundig erklärt die junge Winzerin später den Weinlehrpfad am Nitteler Leiterchen.
Der Ort gilt als Mittelpunkt des Elblingsanbaus, der an derObermosel seit mehr als 2000 Jahren betrieben wird. Die einst inEuropa weit verbreitete, dann als «säuerlich» verpönte und nunqualitätsorientiert angebaute Rebsorte wird bei Dostert und anderen Weingütern der Umgebung zur wahren Entdeckung.
Nach der Trierer Talweite zieht «Mosella» es vor, nicht trägedurch die Wittlicher Senke zu fließen, sondern in das RheinischeSchiefergebirge abzuknicken. Ihren zahlreichen Mäandern durch«schikanöses gebirgisches Terrain», wie Goethe notierte, verdankt die kapriziöse Dame - abgesehen von einer beeindruckenden Landschaft -auch ihre Weintradition. «Nicht nutzlos ist das steinige Schiefergebröckel, bringt es doch üppige Frucht, trieft doch der Fels von Wein», bemerkte Venantius Fortunatus um das Jahr 588. Es ist ein ideales Gelände für den Riesling, der mit 57 Prozent die wichtigsteRebsorte der Region ist.
Die «Königin der Weißweinreben» begründete einst den Ruhm desMoselweins und poliert mit ihren Spitzengewächsen den leichtverblassten Glanz inzwischen wieder auf. Qualitätsbewusste Winzer der Mosel wussten schon lange, dass der Weg über Massenerträge und Bustourismus langfristig in die Sackgasse führt. Weinliebhaber werden bei ihrer Suche nach Genuss im Glas und auf dem Teller an zahlreichen Stellen wieder fündig.
«Tagsüber wird hier die Sonnenwärme gespeichert und nachtsabgegeben. Das milde Mikroklima verschafft den spät reifendenTrauben, die oft erst Anfang November geerntet werden, die nötige lange Vegetationsperiode», erklärt Winzer Kurt Kranz aus Brauneberg auf einem Vorsprung der weltberühmten Steillage «Brauneberger Juffer» die Vorzüge des Schiefers. Schon die Römer kelterten hier Wein, wie eine restaurierte Kelteranlage aus vorchristlicher Zeit bezeugt.
Einige Flussbiegungen hinter Bernkastel-Kues, das mit seinemhübsch renovierten Marktplatz und einer mehr als 100 verschiedene Moselweine umfassenden Vinothek einen Abstecher wert ist, ragt die steilste Weinberglage Europas empor. Am Calmont zwischen Bremm und Ediger-Eller verschmelzen die Reben fast mit dem Hang. Mit einer Neigung von 68 Grad fordert der Berg alpines Klettern von den Winzern. Als einziges technisches Hilfsmittel transportiert eine Einwegbahn Lasten in die Höhe. Der Rest ist strapaziöse Handarbeit. Freizeitkraxler können einen Klettersteig erproben.
Pionier am Berg war Winzer Ulrich Franzen aus Bremm. Zusammen mit seiner Frau Iris verwirklichte er seine Vision, die brach liegende einstige Vorzeigelage wieder urbar zu machen. Heute zählt Franzens Wein zu den besten Tropfen. Wer einmal auf dem Calmont den grandiosen Blick auf die Moselschleife mit der Klosterruine Stuben genossen hat, den ruft der Berg immer wieder.
Etliche Schleifen flussabwärts quillt Cochem vor Tagestouristenüber. Die Altstadt im Puppenformat wird von der Reichsburg überragt, die ein kunstsinniger Berliner Fabrikant hinterlassen hat. Nahebei liegt Treis-Karden. «Weinerlebnisbegleiterin» Lisa Möntenich hat die Wanderstöcke für den Buchsbaum-Wanderpfad im Gepäck, denn zwischen Karden und Müden können fast 300 Hektar wildes Immergrün durchwandert werden - steil bergauf, steil bergab, wie es eben so an der Mosel ist. Für Asphaltläufer empfiehlt sich der kulturhistorisch interessante Ort Karden.
In Müden wartet im Weingut Sonneneck eine Winzervesper. WährendWinzerin Angela Schwarz-Bleser zusammen mit ihrem Mann das elterliche Weingut führt, hat der Vater liebevoll die alte Lohmühle restauriert, die heute Feriengäste beherbergt. Dichterische Freiheit ist es jedoch, wenn Rudolf Binding in seiner «Moselfahrt aus Liebeskummer» schwärmen lässt: «Hier können sie in Wein ertrinken - und der Tod schmeckt auch noch gut.»
Informationen: Rheinland-Pfalz-Tourismus, Löhrstraße 103-105,56068 Koblenz (Tel.: 0261/91 52 00)