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Mein Weg nach Athen Mein Weg nach Athen: Turner Matthias Fahrig beißt sich durch

Von Petra Szag 22.07.2004, 19:49

Halle/MZ. - "Ich gehöre zu denen, die sich nicht so leicht unterkriegen lassen." Dieser Satz von Matthias Fahrig ist eine klare Kampfansage. Die Entschlossenheit überrascht bei dem stets gut gelaunten Turner mit dem jungenhaften Gesicht. Doch Ehrgeiz und Spaß schließen einander nicht aus für den 18-Jährigen. "Ich habe mir das zur Maxime gemacht: Alles nicht zu verbissen sehen und das Beste aus jeder Situation machen. Bisher bin ich damit ganz gut gefahren", erzählt Fahrig. Diese Einstellung hat ihm auch bei seiner Olympia-Nominierung geholfen.

Die schwere Trainingsverletzung seines Teamkollegen Ronny Ziesmer, der sich letzte Woche bei einem missglückten Sprung zwei Halswirbel brach, hofft Fahrig weggesteckt zu haben. Letztes Jahr musste er mit einer noch schlimmeren Situation klarkommen. "Da ist meine Schwester gestorben. Ganz plötzlich, mit 21", erklärt Fahrig.

Ziesmers Unfall hat er Gott sei dank nicht live miterlebt. "Wir haben danach sehr viel geredet. Erst wir Sportler untereinander und dann auch mit einem Psychologen. Das war sehr wichtig", denkt Fahrig. Trotzdem lag er Stunden später auf seinem Bett und ging in Gedanken alle seine Übungen durch. Immer mit der Frage, wo könnte was passieren. "Aber irgendwann habe ich's doch sein lassen. Denn wer das macht, der blockiert. Und dann geht gar nichts mehr." Sein schwieriges Programm hat er nicht "entschärft", aber dennoch etwas für sich aus diesem Vorfall abgeleitet. "Der Unfall hat mir gezeigt, dass man immer hochkonzentriert sein muss und sich durch nichts ablenken lassen darf." Fahrig sieht sich nicht als Lückenfüller für Ziesmer, auch wenn er für den vornominierten Cottbuser letztlich nachgerückt ist. "Die Tickets waren ja noch nicht definitiv vergeben. Ich hatte bis dahin im Trainingslager einen guten Eindruck hinterlassen und war sowieso im Gespräch für Athen", betont Fahrig.

Im Turnen sieht der Wittenberger, der vor Jahren nach Halle an die Sportschule kam und seitdem im Internat lebt, eine große Chance. Nach Bronze 2002 bei der Junioren-EM "wusste ich, ich kann es schaffen." Seitdem steckt er seine gesamte Energie in das Turnen. Das fällt ihm nicht schwer, denn er liebt seinen Sport und vor allem den Beifall, den man für tolle Leistungen bekommt. "Ich will die Anerkennung und dass man stolz ist auf mich", sagt Fahrig. Er findet es schade, dass sein Vater von seiner Turnkarriere nichts weiß. "Er ist vor Jahren nach Kuba zurückgekehrt. Ich habe leider nicht seine Adresse", seufzt Fahrig. Irgendwann will er ihn ausfindig machen. Überhaupt hat der Zehntklässler schon ziemlich genaue Vorstellungen über seine Zukunft. Nach dem Zivildienst beginnt er eine Sport- und Fitnesskaufmann-Lehre. "Ich will dem Sport treu bleiben", nimmt sich Fahrig vor. "Der macht mir am meisten Spaß und das kann ich nun mal am besten." Eben getreu seiner Maxime.