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Medien Medien: Per Klick zum eigenen Wikipedia-Buch

Von Christopher Scholz 07.02.2009, 17:49

Mainz/ddp. - Unter der Rubrik «Buch erstellen» in der linkenNavigationsleiste ist es nun möglich, Lexikon-Artikel auszuwählen,nach eigener Systematik zusammenzustellen und als gebundenes Buch miteigens gewähltem Titel zu bestellen. Entwickelt wurde dieser Servicevon der Mainzer PediaPress GmbH gemeinsam mit der WikimediaFoundation, der Organisation hinter dem Internet-Lexikon.

Schon 2005 hatte der Berliner Zenodot Verlag Pläne für eine nachThemen sortierte Veröffentlichung der Wikipedia in 100 Bänden, gabseine Bestrebungen jedoch nach neun Bänden auf. Im Frühjahr 2008präsentierte Bertelsmann ein einbändiges Wikipedia-Lexikon, das 50000 der am häufigsten aufgerufenen Stichwörter in Auszügen aufgriff,und das - wie ein Jahrbuch - den «Zeitgeist der Gesellschaft»widerspiegeln sollte, wie es von Verlagsseite hieß.

Unter den ersten Kollektionen, die über die «Buchfunktion» vonPediaPress bestellt wurden, finden sich Titel wie «Wissenswertes zumKarlsruher SC von 1894 bis Februar 2009» oder «Onlinemarketing &Web2.0 - das Kompendium, Stand 1/2009». Das Spezifische der Themensei ein Grund für den Erfolg. Doch auch «in Sachen Aktualität sinddie Bücher im Vergleich zu klassischen Büchern unschlagbar», sagtPediaPress-Geschäftsführer Heiko Hees. Außerdem sei die gesuchteInformation besser gebündelt: «In Fachbüchern sind häufig nureinzelne Kapitel für den Leser interessant, kaufen muss er aber dasganze Buch. So wie bei Tonträgern, ehe es den iTunes-Store gab.»

Ein weiteres Argument ist der Preis, der sich an der Seitenzahlorientiert. «Bei Amazon kostet das günstigste neue Buch zum ThemaBioinformatik 25 Euro (230 Seiten, Stand 2002). Ein vergleichbares,aktuelles Buch (Stand 2009) aus der Wikipedia kostet bei gleicherSeitenanzahl die Hälfte», sagt Hees. Nach seinen Angaben wird einsolches Buch innerhalb von drei Tagen gedruckt und versendet. ZehnProzent des Erlöses von jedem verkauften Buch gehen an die WikimediaFoundation.

Sebastian Moleski, Vorstandsmitglied von Wikimedia Deutschland,begrüßt die Neuerung: «Wir erreichen damit eine stärkereOffline-Nutzung der Inhalte, zum Beispiel im Klassenzimmer oder inerwachsenenorientierten Weiterbildungsangeboten.» Durch die neueBuchfunktion werde es «sehr einfach», Artikel zu Themengebieten zubündeln und zielgerichtet als Materialien für den Einsatz imUnterricht zu verwenden. Diese Funktion sei auch für diegemeinnützige Institution Commonwealth Of Learning (COL) vonInteresse.

COL setzt sich weltweit für die kostenfreie Verbreitung von Lehr-und Lernmitteln ein und hat einen Teil des PediaPress-Projektsfinanziert. Die «Buchfunktion», mit der man Bücher ebenso wiePortable Document Formate (pdf) erstellen kann, lässt sich auf allenWikis installieren. Im Internet verfügbare Lehrinhalte könnten so inLändern mit geringer Internetabdeckung und eingeschränktem Angebot anLehrbüchern größere Verbreitung finden und mit geringen Kostengenutzt werden.

Wikipedia wächst allein in der deutschsprachigen Edition um rund500 Artikel täglich. Doch obwohl es massenweise genutzt wird, hat esnoch immer ein Reputationsproblem: Ein Wiki ist eine Sammlung vonWebseiten, die von den Benutzern nicht nur gelesen, sondern auchzumeist direkt bearbeitet werden können - Vandalismus ist daher nieausgeschlossen. Dass längst nicht alles perfekt ist, hat PhilippBirken, ebenfalls im Vorstand der Wikimedia Deutschland, erstkürzlich eingeräumt. Zugleich betonte er: «Qualitative Verbesserungensind ein kontinuierlicher Prozess.»

Dass die Maßnahmen von Wikimedia zur Qualitätssicherung greifen,belegt die im November 2008 zum zweiten Mal an Wikipedia-Autorenverliehene Zedler-Medaille. Die Mainzer Akademie der Wissenschaft undder Literatur, die Wikimedia Foundation und die Zeitschrift «Spektrumder Wissenschaft» honorieren damit herausragende Leistungen auf demGebiet der allgemeinverständlichen Vermittlung eineswissenschaftlichen Themas.