Leichtathletik Leichtathletik: Sprinterin Jones nach Doping-Geständnis am Ende
Boston/dpa. - Nach jahrelangem Leugnen hat die 31 Jahre alte US-Amerikanerin nach Angaben der US-Zeitung «Washington Post» zugegeben, von 1999 an zwei Jahre lang mit dem Designer-Steroid THG gedopt zu haben, das sie von ihrem umstrittenen Trainer Trevor Graham unter dem Vorwand, es sei Leinsamen-Öl, erhalten habe. Wegen Falschaussage gegenüber Untersuchungsbehörden drohen der dreimaligen Olympiasiegerin eine Haftstrafe von bis zu sechs Monaten und der Verlust sämtlicher Olympia- und WM-Medaillen. Das Blatt beruft sich dabei auf einen Brief des ehemaligen Sprintstars an Freunde und Familienmitglieder.
«Ich möchte mich für alles entschuldigen. Es tut mir Leid, dass ich alle in vielen Sachen enttäuscht habe», wurde Jones darin von der »Washington Post» zitiert. Nach 100 Meter-Olympiasieger Justin Gatlin und dem entthronten Tour de France-Sieger Floyd Landis ist die 14fache Landesmeisterin bereits der dritte US-Star, der innerhalb der vergangenen 19 Monate im Dopingsumpf versinkt. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) reagierte kompromisslos auf die neuen Erkenntnisse und zeigte sich bereit, Marion Jones ihre insgesamt fünf Olympia-Medaillen wegzunehmen. Die Informationen könnten «der Schlüssel sein, den Fall Jones voranzutreiben», hieß es in einer Presseerklärung des IOC, das im Dezember 2004 eine Untersuchungs- Kommission gegen die Athletin eingeleitet hatte. Ironischerweise könnte ausgerechnet die Griechin Ekaterina Thanou, seit den Spielen 2004 selbst mit Dopinggerüchten konfrontiert, nachträglich zur 100 m- Goldmedaillen-Gewinnerin von Sydney erklärt werden.
Jones wollte sich vor einem Bundesgericht in New York zu Falschaussagen in zwei Fällen schuldig bekennen. Panik und Selbstschutz für sich und ihren Trainer nannte die Betroffene in dem Brief als Gründe für ihre inkorrekten Statements. Der Leichtathletik- Weltverband IAAF kündigte sofortige Untersuchungen und eine mögliche Aberkennung ihrer sieben WM-Medaillen an. Die fünfmalige Weltmeisterin stand bereits seit Jahren unter dringendem Verdacht. Auch in die Dopingaffäre um das Betrugs-Labor BALCO war sie verwickelt, wurde aber weder überführt noch angeklagt.
Zwar sei nach amtlichen Angaben ihr Name auf der Kundenliste des BALCO-Unternehmens gewesen, aber bei der Befragung durch staatliche Behörden habe sie gelogen und Dopingmissbrauch abgestritten - obwohl sie eine ihr präsentierte Probe des Steroids sofort wieder erkannt habe, da sie diese auf Anordnung von Graham benutzt habe. Auch im Zusammenhang mit einem Scheck über 25 000 Dollar habe sie nicht die Wahrheit gesagt, so die «Washington Post». Das Geld habe sie 2005 von ihrem Ex-Freund und Vater des gemeinsamen Sohnes, Tim Montgomery, bekommen, dies aber gegenüber Staatsbeamten nicht zugeben wollen.
«Es ist die Zerstörung einer Heldin», erklärte Dick Pound, Chef der Welt-Anti-Doping-Agentur WADA, «es ist auf der einen Seite traurig, aber auf der anderen Seite eben leider billiger Betrug. Wir hoffen, dass die Kiste der faulen Äpfel langsam leer ist und die neue Generation daraus gelernt hat, aber wir werden sehen.» Die US-Medien gingen mit der gestürzten Diva hart ins Gericht. «Ihr überfälliges Geständnis ist hohl», kommentierte die »Los Angeles Times», «sie hat sich nicht mit den falschen Menschen umgeben, sie ist ein falscher Mensch.» Die «New York Times» titelte: «Als Betrügerin entlarvt. Dieses Geständnis macht es unmöglich, Jones als sympathisches Opfer zu sehen.» Zudem sei die Athletin pleite.
BALCO-Gründer Victor Conte hatte in einem TV-Interview im Dezember 2004 erklärt, er selbst habe Jones mit Dopingmitteln versorgt und gesehen, wie sie sich Wachstumshormone gespritzt habe. «Ist Marion Jones ein schlechter Mensch? Nein», meinte Conte, «Marion Jones hat Fehler gemacht, die Schmerzen und das Leid, die sie jetzt dafür einstecken muss, werden sie furchtbar mitnehmen.» Im Juni 2006 wurde bei den US-Titelkämpfen in ihrer A-Probe EPO nachgewiesen. Da die B- Probe jedoch negativ ausfiel, galt das ehemalige «Covergirl» der Leichtathletik bislang offiziell weiterhin als unschuldig. Die öffentliche Vorverurteilung ging allerdings weiter. Jetzt wird die mediale Schelte für Jones noch das geringste Übel sein.