Leichtathletik Leichtathletik: Paulas Marathon durch die Gefühle
Halle/New York/MZ. - Es war nicht das schnellste Rennen der britischen Weltrekordhalterin (2:15:25 Stunden), aber ihr größter Sieg über sich selbst. Zehn Wochen nach dem Zusammenbruch der Favoritin bei den Olympischen Spielen in Athen: Erst im Marathon-Rennen, bei dem sie nach 35 Kilometern erschöpft und bitterlich weinend aufgab. Fünf Tage darauf das nächste Desaster, als sie im Endlauf über 10 000 Meter von der Bahn trat und in einem Trancezustand aus der Arena geführt wurde.
Gerade zehn Wochen sind nach dem doppelten Kollaps vergangen. Dennoch schlug die 30-Jährige alle Ratschläge in den Wind, den schweren Marathon in New York auszulassen. Die zähe Läuferin gab zu, dass es schwer war, nach dem Schock von Athen wieder den Weg zurück zu finden. Besessenheit zeichnet sie seit jeher aus. Sie muss vornweg rennen, den Leithammel spielen. Trotz ihrer erst fünf Marathonläufe fühlt sie sich als die Königin der Straße.
Aber wird sie je das schaffen, was ihrer Großtante Charlotte Helen Radcliffe gelang?: eine olympische Medaille zu gewinnen. 1920 bei den Spielen in Antwerpen wurde die Schwimmerin mit der britischen Staffel Zweite über 4x100 Meter Freistil. Großnichte Paula schleppt ein olympisches Trauma mit sich herum: Fünfte über 5 000 Meter 1996 in Atlanta, Vierte im 10 000-Meter-Rennen 2000 in Sydney, vier Jahre darauf der Absturz in Athen. Paula Radcliffe hat schon durchblicken lassen, dass sie es bei diesem olympischen Schicksal nicht bewenden lassen wird.