Leichtathletik Leichtathletik: Isinbajewas «Trainingssprung» zum Weltrekord
Gateshead/dpa. - «Ich habe mir kurz vor dem Anlauf einfach eingeredet:Das ist wie eine Trainingshöhe und nur ein ganz normaler Sprung.» Umeinen Zentimeter verbesserte die EM-Zweite den über zwei Jahre altenWeltrekord von Olympiasiegerin Stacy Dragila (USA).
Eigentlich sollte das Meeting längst vorbei sein. Eine halbeStunde nach dem letzten Laufwettbewerb harrten nur noch rund 1000unentwegte Fans im International Stadium aus, um sich auch die letzteEntscheidung des Super Grand Prix nicht entgehen zu lassen. Und eslohnte sich: Sie sahen den höchsten Stabhochsprung einer Frau.Junioren-Weltrekordlerin Isinbajewa (4,47 m) schraubte ihrenpersönlichen Rekord (4,73 m), zugleich die Saisonbestmarke, um neunZenitmeter nach oben. Zugleich fügte sie Europameisterin SwetlanaFeofanowa, die nur 4,54 m schaffte, eine deprimierende Niederlage zu.
Experten hatten eher mit der Hallen-Weltrekordlerin und -Weltmeisterin Feofanowa gerechnet, denn die Russin schien auf denFreiluft-Weltrekord seit langem programmiert. Doch es kam anders alsim spannenden EM-Finale von München, als Isinbajewa 4,55 m vorgelegthatte, Feofanowa diese Höhe ausließ und sich mit 4,60 m im erstenVersuch zur Europameisterin aufschwang. Diesmal war ihre Rivalinnervenstärker: Die 1,74 m große und 66 kg schwere Isinbajewaübersprang die 4,82 m im zweiten Versuch und trug sich als siebteStabhochspringerin seit 1988 in die Weltrekordliste ein. Ihr Lohn:50 000 Dollar (44 400 Euro).
Für ein weiteres Highlight des Abends sorgte vor 10 000 Zuschauernder schwedische Dreispringer Christian Olsson. Der Europameisterlandete bei herausragenden 17,92 m - allerdings bei irregulärenBedingungen. Der Wind half mit kräftigen 3,4 m/Sek. zu stark nach.Doch auch ohne Unterstützung schaffte Olsson noch Top-Weiten von17,69 m und 17,74 m. Der 37-jährige Weltrekordler Jonathan Edwards(Großbritannien) stand ihm bei seinem Saisondebüt mit 17,61 m kaumnach und spendete seinem Bezwinger Beifall. Der EM-Dritte Boris Henryaus Saarbrücken musste sich mit 83,52 m nur dem viermaligenEuropameister Steve Backley (85,69) geschlagen geben.
Von Weltklasse-Leistungen ist Weitsprung-Olympiasiegerin HeikeDrechsler aus derzeit weit entfernt. Die Wahl-Karlsruherin bleibt dasSorgenkind der deutschen Leichtathletik im Hinblick auf die in sechsWochen beginnenden Weltmeisterschaften in Paris. Bei ihremSaisoneinstieg beim Golden League-Meeting in Rom musste sich dieinzwischen 38-Jährige mit 6,07 m begnügen und spürte auch wiederleichte Achillessehnenbeschwerden. «Ich stecke trotz diesesRückschlags nicht auf», sagte die gebürtige Thüringerin nach einemihrer schwächsten Wettkämpfe in zwei Jahrzehnten. Bereits am 19. Juliin Madrid soll alles besser werden.
«Das Ergebnis tut nicht gut, zeigt aber nicht, was Heike wirklichkann. Die Voraussetzungen sind da, dass sie schnell zu einerordentlichen Leistung kommen kann», ist Lebensgefährte und TrainerAlain Blondel zuversichtlich. Knackpunkt seien die Schmerzen. HeikeDrechsler muss bis zum 3. August die WM-Norm von 6,75 m springen.«Bis zum Paris-Wettkampf sind noch sieben Wochen Zeit», spieltBlondel auf Zeit und verweist darauf, dass seine Lebenspartnerin dieNorm im Vorjahr gesprungen sei.
Für Claudia Gesell (Leverkusen) über 800 m (1:58,93) sowie IrinaMikitenko (Frankfurt/Main) über 5000 m (14:56,64) hat sich der Tripnach Rom mit WM-Normen ausgezahlt. Die Speerwerfer Boris Henry(Saabrücken/83,87) und Christian Nikolay (Wattenscheid/81,76)schafften mit den Plätzen zwei und drei die besten Platzierungen derneun deutschen Teilnehmer. Henry verpasste im englischen Gateshead amSonntag erneut den Sieg. Beim Super Grand Prix wurde er mit 83,53 mZweiter hinter dem Briten Steve Backley (85,59).
800-m-Olympiasieger Nils Schumann aus Erfurt, der die WM bereitsvor ein paar Wochen abgesagt hatte, ist inzwischen operiert worden.Bei dem Eingriff stellte sich heraus, dass neben einem entzündetenFersenbereich auch die Achillessehne im rechten Fuß eingerissen war.
Zur «Halbzeit» der aus sechs Meetings bestehenden Serie könnennoch Chandra Sturrup von den Bahamas über 100 sowie Olympiasiegerinund Weltmeisterin Maria Mutola aus Mosambik über 800 m nach starkenAuftritten auf den Jackpot von einer Million Dollar (880 000 Euro)hoffen. «Das war noch kein perfektes Rennen, ich kann noch schnellerlaufen», sagte die 31-jährige Sturrup selbstbewusst nach ihrenerstklassigen 10,89 Sekunden, einer von insgesamt achtSaisonbestwerten. Die ein Jahr jüngere Mutola siegte über zweiStadionrunden in 1:57,21 Minuten im harten Spurtduell gegen JolandaCeplak (Slowenien/1:57,44). «Das wird noch hart, aber es würde fürmich ein Traum in Erfüllung gehen», hofft Mutola auf die Fortsetzungihrer Siegesserie auch am 10. August beim Internationalen Stadionfest(ISTAF) in Berlin.
Weltrekordler Hicham El Guerrouj (Marokko), der in Paris auch 5000m laufen will, meldete in seinem ersten 1500-m-Rennen dieses Sommersin 3:29,76 Minuten seine Ansprüche auf den vierten WM-Titel an.Dagegen musste Wunderläufer Haile Gebrselassie im dritten Bahnrennendieses Jahres die dritte Niederlage hinnehmen. Der zweifacheOlympiasieger und viermalige Weltmeister hatte im Spurt über 5000 min 13:00,32 Minuten das Nachsehen gegen die früheren BezwingerAbraham Chebii (Kenia/ 12:57,14) und seinen 21-jährigen LandsmannKenenisa Bekele (12:57,34).
«Ich bin nicht mehr so schnell wie früher. Ich bin älter geworden,aber ich bin nicht alt», bleibt der 30 Jahre alte Äthiopier fürseinen WM-Start über die doppelte Distanz optimistisch. Bei denLandesmeisterschaften Kenias in Nairobi sicherte sich Commonwealth-Sieger Sammy Kipketer über 5000 m den Titel in 13:35,65 Minuten vorWeltmeister Benjamin Limo (13:36,04) und 10 000-m-Weltmeister CharlesKamathi (13:37,04).