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Leichtathletik Leichtathletik: IAAF-Freispruch: Lewis war nicht gedopt

Von Günter Deister 18.05.2003, 17:05

Madrid/dpa. - Der erfolgreichste Olympionike, Carl Lewis, ist vom Doping-Verdacht weitgehend befreit. Hingegen konnte der Sport der USA den Vorwurf nicht ausräumen, er habe über viele Jahre den Betrug im Leistungssport geduldet oder gar vertuscht. Das sind zwei der wichtigsten Ergebnisse der am Samstag in Madrid zu Ende gegangenen Sitzungen des Internationalen Olympischen Komitees (IOC). Dessen Exekutivkomitee gab eine vorläufige Entwarnung um Athen. «Wir sind sehr zufrieden mit den Fortschritten», sagte IOC-Präsident Jacques Rogge. Doch wirken 15 Monate vor der Eröffnungsfeier in der Hauptstadt Griechenlands die Eskalation des Terrors und auch die Lungenkrankheit SARS als Gefährdung für die Spiele 2004.

Seit einigen Monaten musste Lewis mit dem Stigma leben, zumindest zwei seiner neun Goldmedaillen seien unrechtmäßig erworben worden. Der Jahrhundert-Leichtathlet steht in der Verdachtsliste des ehemaligen Doping-Chefkontrolleurs des US-NOKs (USOC), Wade Exum, ganz oben. Sie umfasst zwischen 1988 und 2000 mehr als 100 nicht sanktionierte Doping-Fälle mit dem Zusatz, 19 überführte Sportler hätten im selben Jahr noch olympische Medaillen gewonnen, darunter der 1988 auf Stimulanzien bei den Olympia-Ausscheidung drei Mal positiv getestete Lewis. Anschließend hatte er bei den Seoul-Spielen zwei Mal Gold gewonnen.

USOC-Justiziar Jeff Benz konnte am Samstag vor der IOC-Exekutive den generellen Verdacht gegen den US-Sport nicht entkräften. Deshalb bekommt sein Chef, Bill Martin, demnächst Post von Rogge mit der Aufforderung, das IOC über die grundsätzliche Praxis von USOC im Kampf gegen Doping zu informieren. «Wir wollen wissen, was geschehen ist», sagte Rogge: «Es berührt die Olympischen Spiele und ist auch im Interesse von USOC.»

Benz beschränkte sich in seinem Vortrag wesentlich darauf, Lewis reinzuwaschen. Er legte das Dokument einer Vorstandstagung des Internationalen Leichtathletik-Verbandes (IAAF) aus dem Jahr 1988 vor, in dem die Aussage seines Doping-Experten Arne Ljungqvist festgehalten ist: «Der Befund (von Lewis und sieben weiteren Athleten) lag unter dem von der IAAF festgelegten Grenzwert. Deshalb wurde das Ergebnis auf normalem Weg für negativ erklärt.» USOC habe «auf falscher Grundlage» positive Doping-Fälle festgestellt, so der schwedische Mediziner, der seit einigen Wochen den Vorsitz in der Medizinischen Kommission des IOC führt.

Der deutsche IOC-Vize-Präsident, Thomas Bach, hält Lewis «gemessen an den IAAF-Dokumenten für entlastet. Wenn das so ist, dann war Lewis nicht gedopt. Doch es ging dem Exekutivkomitee nicht um die Überprüfung von Einzelfällen. Die sind verjährt», so der Vorsitzende der Juristischen Kommission.

Die IOC-Spitze war in Madrid bemüht, Schäden aller Art zu reparieren und dabei «auf die Weltlage flexibel und zum Wohle der Athleten zu reagieren», wie es Bach ausdrückte. Schon bei der Juli- Vollversammlung in Prag soll das suspendierte Afghanistan-NOK wieder aufgenommen werden. Hingegen strafte die olympische Führung das NOK des Irak mit dem vorläufigem Entzug der Anerkennung ab. Zu eindeutig waren die Belege dafür, dass das vom Diktatoren-Sohn Udai Hussein angeführte Komitee bei erfolglosen Sportlern selbst vor Folter nicht zurückgeschreckt war. Auch wenn es bis Athen zu einer Reform des irakischen NOKs nicht mehr reicht, sollen die Sportler des Landes an den nächsten Spielen teilnehmen dürfen.

Dabei erwartet das IOC ebenso die Hilfe der internationalen Verbände wie bei der Bewältigung der SARS-Seuche und ihrer Folgen. Bereits jetzt können eine Reihe von Olympia-Qualifikationen nicht stattfinden. Internationale Meisterschaften werden abgesagt, asiatische Sportler dürfen nicht in bestimmte Länder einreisen. Mit Blick auf Athen erklärte Rogge: «Ich bin nicht besorgt.» Doch hat er auch angekündigt, in «außergewöhnlichen Umständen zu außergewöhnlichen Mitteln» greifen zu wollen.

Zur Sicherheitslage sagt Bach: «Sie ist weltweit schwieriger geworden. Doch ich glaube nicht, dass die Gefahr für die Spiele überproportional gewachsen ist.» Jedenfalls sorgt das IOC vor. Dank Rogges Sparkurs hat das IOC im letzten Jahr seine Reserven um 50 Millionen auf 150 Millionen Dollar erhöht. Ganz schnell will der Belgier noch weitere 50 Millionen zur Seite legen. Dann könnte das IOC bei einem Ausfall Olympischer Spiele eine Vierjahres-Periode finanziell überstehen.