Leichtathletik Leichtathletik: Es kriselt an allen Fronten
Stuttgart/dpa. - «Es geht der Leichtathletik nicht so gut. Wir verlieren immer mehrBoden gegen die wirklich professionellen Sportarten wie Fußball,Tennis und Formel 1», klagt der Niederländer Jos Hermens im Fachblatt«Leichtathletik». Dass die Golden League, die die wichtigstenMeetings vereint, in Deutschland im Fernsehen nicht zu sehen ist, sei«unglaublich», meint der international führende Manager: «Das kanndas Ende sein.»
Auch dem Österreicher Robert Wagner, hinter Hermens die Nummer 2im Geschäft, sind die Sorgenfalten ins Gesicht geschrieben. «DieLeichtathletik ist nicht mehr nachvollziehbar. Man muss die Zahl derWettbewerbe drastisch senken», fordert der Manager. Die IAAF hat esnicht geschafft, der Golden League ein unverwechselbares Profil zugeben. «Es gibt keine erkennbare Veranstaltungsserie. Golden League,Grand Prix I, Grand Prix II, internationales Meeting, nationalesMeeting - der Zuschauer verliert den Überblick», meint Hensel.
Die Veranstalter selbst jammern auf hohem Niveau, glänzen abernicht gerade durch Innovationen. «Wir kämpfen alle ums Überleben»,klagt «German-Meetings»-Präsident Ludwig Franz. Bei seinem Sportfest«Live 2001» am vorigen Sonntag in Nürnberg ließ er zum Abschluss zwarein minutenlanges Feuerwerk abbrennen, Leistungsexplosionen gab esjedoch nicht. Einerseits schimpfen die Organisatoren, dass dasFernsehen lieber Geld für drittklassige Fußball-Spiele ausgibt,andererseits schaffen sie es nicht einmal, ihre Zuschauer vernünftigdurchs Programm zu leiten.
Wer keine Olympiasieger wie Nils Schumann oder Heike Drechslerpräsentieren kann, hat ohnehin verloren. Die jedoch sind zurzeit mehroder weniger von Verletzungssorgen geplagt. Die Liste der Ausfälleist lang: Zehnkämpfer Frank Busemann, Siebenkämpferin Sabine Braun,«Miss Leichtathletik» Susen Tiedtke, 400-m-Vizeweltmeisterin AnjaRücker, Speerwerferin Tanja Damaske, Sprinterin Andrea Philipp....
Andere, wie Dreisprung-Weltmeister Charles Friedek und Diskus-AssLars Riedel, kommen nur langsam in Schwung. Für Verbandsarzt HelmutSchreiber sind die Verletzungsursachen «überwiegend Überbelastungen.Früher hat man nach Olympischen Spielen versucht zu regenerieren,heute gibt es kein Jahr mehr ohne große Meisterschaften», so derFreiburger Mediziner, der auch sagt: «Möglicherweise findet eingewisser Überalterungsprozess an der deutschen Spitze statt.»
Mit fünf Mal Edelmetall wie in Sydney wäre der DLV in Edmontonbestens bedient. Doch für viele ist die WM ohnehin nur eineZwischenstation auf dem Weg zur EM 2002 in München, wo die Konkurrenzgeringer und die Vermarktungsmöglichkeiten besser sind. ÄltereAthleten wie Drechsler hoffen dort auf einen glorreichen Abschied.«Die WM ist mein Ziel, aber nicht lebenswichtig. Wenn was passiert,dann bereite ich mich auf die EM 2002 vor», sagt die Weitspringerin.Das anstehende Karriereende der «alten Garde» wird die Situation inder deutschen Leichtathletik weiter verschärfen.