Leichtathletik Leichtathletik: 100-Meter-Weltrekordler Heinz Fütterer wird 75

Karlsruhe/dpa. - Vor fünf Jahren wurde der einstige 100-Meter-Weltrekordler inseinem badischen Heimatort Illingen zum Ehrenbürger ernannt. Dashalbe Dorf war zusammengelaufen, Manfred Germar, Martin Lauer undArmin Hary reisten an. Dieses Mal will er alleine sein mit seinerRicky - und dem Golfball.
«Ich wünsche mir, dass ich gesund bleibe, mein Handicap von 14halte und noch lange über einen 18-Loch-Platz gehen kann», sagtFütterer. Mit seinen Golffreunden will er am 29. Oktober nochnachfeiern, mit seinen einstigen Leichtathletik-Kollegen bei der«Sportler-des-Jahres-Gala» Ende Dezember in Baden-Baden.
Bei der Traditionswahl ist Fütterer längst Ehrengast: 1954 hatteer dort sogar den großen Fritz Walter ausgestochen und den erstenPlatz belegt. Es war sein Jahr: In Bern wurde er Europameister über100 und 200 Meter, und am 31. Oktober gelang ihm in Yokohama der Coupseines Lebens: Als erster Weißer lief er die 100 Meter in 10,2Sekunden und stellte den Weltrekord des legendären Jesse Owens ein,der über 20 Jahre gehalten hatte. Am gleichen Tag rannte er zudemEuroparekord über 200 Meter (20,8). Als der Deutsche später bei einemSportfest in Paris vier schwarze Amerikaner bezwang, schrieb derfranzösische Journalist Gaston Meyer: «Und Fütterer zuckte durch dieHalle wie ein weißer Blitz.»
Sein Traum vom Olympia-Gold erfüllte sich freilich nie: InHelsinki 1952 konnte der Star des Karlsruher Sportclubs wegen einerVerletzung nicht starten. Vier Jahre später gelang ihm zwar derSprung nach Melbourne, er gewann dort aber nur Bronze mit derStaffel. Dafür traf er in Australien Jesse Owens - die Fotos derBegegnung sind längst ein Dokument der Sportgeschichte. 1958 stellteFütterer noch zusammen mit Germar, Lauer und Manfred Steinbach in39,5 Sekunden den 4 x 100-Meter-Weltrekord ein.
Im Berufsleben ging Fütterer ebenso flink und zielgerichtet ansWerk: Der Fischersohn vom Rhein machte beim Badenwerk eineAusbildung, war später Generalvertreter für Puma in Baden-Württembergund dann Berater einer Gesellschaft, die umweltfreundliche Golfplätzebaute. Noch heute hat er 70 Bootsanlegestellen und einenMinigolfplatz. Er wohnt im Olympiaweg, seine Gemeinde hat die Straßenach ihrem berühmtesten Sohn benannt.
Doch Fütterer war nicht nur vom Glück gesegnet. Er hat sich vieleserarbeitet und besaß eine unglaubliche Wettkampfhärte: So startete er1954 bei etwa 150 Rennen. Als er 39 Jahre alt war, starb seine ersteFrau. 1990 musste ihm ein Gehirntumor entfernt werden. Heute hat erein künstliches Knie- und Hüftgelenk.
Trotz seiner ruhmreichen Vergangenheit lebt Fütterer wie kaum einanderer prominenter Sportler in der Gegenwart. Er ist keiner, der diealten Erfolgsgeschichten immer wieder wie Schallplatten auflegt. Beiden alljährlichen Hallensportfesten in Karlsruhe und Stuttgart hälter den Kontakt zur Leichtathletik-Szene. Die Europameisterschaften imAugust in Göteborg hat er im Fernsehen verfolgt.
Die zahlreichen Dopingfälle im Sprint haben auch ihn misstrauischgemacht: «Wenn eine Höchstleistung kommt, fragt man sich, ob es damit rechten Dingen zugeht. Oft kommt ja ein halbes Jahr später raus,dass manipuliert worden ist.»