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Kurzurlaub im Kloster Kurzurlaub im Kloster: Zeit für Stille an den Feiertagen

Von Thomas Kärst 19.11.2002, 10:34
Unterkunft mit Aussicht und strengen Regeln - im Kloster Ettal beginnt der Tag auch für die Besucher um 5.15 Uhr mit dem ersten Gebet. (Foto: Benedictinerabtei Ettal/dpa/gms)
Unterkunft mit Aussicht und strengen Regeln - im Kloster Ettal beginnt der Tag auch für die Besucher um 5.15 Uhr mit dem ersten Gebet. (Foto: Benedictinerabtei Ettal/dpa/gms) Benedictinerabtei Ettal

Bamberg/Weitenhagen/dpa. - Wenn die Tage kürzer werden und die Blätter gefallen sind, grübeln auch lebenslustige Menschen bisweilen über Sinn und Zweck ihres Daseins. Manche suchen zur Weihnachtszeit traditionelle Orte der Einkehr: Zahlreiche Klöster in Deutschland öffnen ihre Tore inzwischen für Männer und Frauen, die Ruhe, Gespräche oder spirituelle Erfahrungen suchen.

«Ein Gastaufenthalt im Kloster wird zunehmend stärker nachgefragt, quer durch alle Bevölkerungsschichten», sagt Bruder Wolfgang Schumacher, Generalsekretär der Vereinigung Deutscher Ordensobern in Bamberg. Besonders zur Weihnachtszeit und zur Karwoche häuften sich die Anfragen. Von den rund 3000 katholischen Klöstern in Deutschland bieten rund 260 ein «Klosterleben auf Zeit» an.

Auch auf evangelischer Seite hat sich ein umfangreiches Angebot an Einkehrhäusern und «Häusern der Stille» entwickelt. «Es gibt in ganz Deutschland ungefähr 40 Häuser», erläutert Landespfarrer Wolfgang Breithaupt in Weitenhagen (Mecklenburg-Vorpommern). Der Leiter der Arbeitsgemeinschaft für Evangelische Einkehrtage sieht ebenfalls einen Trend zum Klosterurlaub: «Die Suche nach Orientierung hat zugenommen.»

Während manche Klöster ausschließlich Frauen oder Männer beherbergen, öffnen sich andere auch gemischten Gruppen. «Manche nehmen sogar Familien mit Kindern auf», sagt Schumacher. Eine gewisse Anpassung an das Klosterleben sei jedoch erwünscht.

Und das fordert den Besuchern einiges ab: Um 5.15 Uhr beginnen etwa die 49 Benediktinermönche des Klosters Ettal in Bayern ihren Tag mit einem Gebet in der prächtig ausgestatteten Barockkirche. Der Tag wird durch vier weitere Gebetszeiten gegliedert, bis sich gegen 20.00 Uhr Stille über das Kloster senkt. Aufgenommen werden nur männliche Einzelgäste. «Sie leben bei uns in der Klausur - wir haben nämlich kein Gästehaus», so Pater Anselm Stitzinger.

Andere Klöster haben dagegen eigene Unterkünfte für die Gäste, so etwa das Kloster Maria Laach in der Eifel. Wer jedoch als Tourist nur die Landschaft genießen oder die Kunstschätze besichtigen will, wird sowohl in Ettal als auch in Maria Laach höflich an die von den Klöstern betriebenen Hotels verwiesen.

Speziell an junge Frauen wenden sich die Franziskanerinnen des Klosters Aiterhofen in Niederbayern. «Sie kommen, um Zeit zur Meditation zu haben oder um zu sich selbst zu finden», erläutert Schwester Mirjam Schambeck.

Evangelisch geprägt ist das Kloster Petersberg, das auf einem steilen Hügel in der Nähe von Halle in Sachsen-Anhalt liegt. Die romanische Stiftskirche stammt aus dem 12. Jahrhundert, erst seit dreieinhalb Jahren leben sieben Brüder der Christusbruderschaft Selbitz auf dem Berg. Jetzt ist im Wohntrakt auch Platz für Gäste.

Die Dauer des Aufenthaltes bleibt meist dem Gast überlassen. «Man kann für einzelne Tage, ein verlängertes Wochenende oder eine ganze Woche kommen», sagt Wolfgang Schumacher. Schon diese kurze Zeit falle manchen jedoch schwer. «Kein Radio, kein Fernsehen, kein Handy - das kann dem einen oder anderen langweilig werden», so der Generalsekretär des Ordensverbandes. Ein deutliches christliches Bekenntnis ist aber nur bei wenigen Klöstern und Gemeinschaften Voraussetzung für Einkehrtage.

Die Kosten variieren: Während manche Klöster um Spenden bitten, haben andere feste Tagessätze. «Manchmal ist auch die Mitarbeit der Gäste gefordert», so Schumacher. Dafür sei der Standard bisweilen sehr einfach: «Ein Bett, ein Stuhl, ein Waschbecken.» Doch der Mönch beruhigt: «Keine Sorge, wie im Mittelalter leben wir nicht mehr.»

Informationen: Über Gastaufenthalte in katholischen Klöstern informiert die Broschüre «Atem holen», erhältlich gegen 1,53 Euro in Briefmarken bei der Vereinigung Deutscher Ordensobern, Am Knöcklein 13, 96049 Bamberg. Über evangelische Kommunitäten informiert die Broschüre «Einkehr in die Stille» der Arbeitsgemeinschaft für Evangelische Einkehrtage, Landespfarrer Wolfgang Breithaupt, Hauptstraße 94, 17498 Weitenhagen.