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Konjunktur Konjunktur: Rezession wird Superwahljahr 2009 bestimmen

Von Tim Braune 18.12.2008, 18:32

Berlin/dpa. - «Crisis? What crisis?» - «Krise? Welche Krise?»,hieß 1975 ein Album der britischen Band Supertramp. Nach diesem Mottostürmen derzeit Millionen Verbraucher beim Weihnachts-Shopping dieEinkaufsmeilen. Sie wollen sich von den düsteren Konjunkturprognosennicht die Festlaune verderben lassen. Politiker und Parteien denkenanders. 2009 wird ein Superwahljahr mit 16 Wahlgängen. Höhepunkt wirddie Bundestagswahl Ende September. Bis dahin werden sich die Parteienmit Vorschlägen zur Entlastung der Bürger und zur Ankurbelung derWirtschaft überbieten.

Dieser Wettbewerb hat längst begonnen. In der Vorweihnachtszeithaben Ideen für Konsumgutscheine Hochkonjunktur - ob 125 Euro fürEinkommensschwache oder 500 Euro für jeden Erwachsenen. Zum Kataloggehören auch eine Senkung der Mehrwert- oder Einkommensteuer, wenigerSozialabgaben, der Wegfall des Soli-Zuschlags, mehr Investitionenoder weitere Anreize fürs Handwerk. Der Druck auf Kanzlerin AngelaMerkel (CDU) und Finanzminister Peer Steinbrück (SPD), mehr Geld indie Hand zu nehmen, wächst auch in den eigenen Reihen.

Schon werden Prognosen angestellt, welche Parteien nun von derKrise und ihren möglichen Auswirkungen in Deutschland profitierenkönnen. In der Union tobt seit längerem ein Streit über den richtigenwirtschaftspolitischen Kurs. Merkel hielt die Debatte auf demStuttgarter Parteitag nur mit Mühe und Not unter dem Deckel. Die CDU-Chefin will eine Steuerreform erst nach der Wahl anpacken. Die CSUaber wird die Schwesterpartei im nächsten Jahr mit Forderungen nachraschen Steuersenkungen weiter piesacken.

Auch in der SPD gibt es noch kein klares Bild. DieSozialdemokraten werden neben Bildung und Klimaschutz versuchen, beijenen Wählern zu punkten, denen Manager-Gier und Banken-Versagenzuwider sind. In der Wirtschaftskrise will die SPD mit ihrenSpitzenmännern Frank-Walter Steinmeier und Steinbrück an Profilgewinnen.

SPD-Kanzlerkandidat Steinmeier funkte der Kanzlerin im Fall Opeloder beim europäischen Konjunkturpaket bereits PR-wirksam dazwischen.Steinbrück wird wegen seines Krisenmanagements sogar von der SPD-Linken gefeiert. Der Finanzminister, der die Sanierung desBundeshaushalts als sein Markenzeichen wegen der Krise aufgebenmusste, will sich aber gegen teure Wahlversprechen stemmen und dasSchlimmste für die Staatskassen verhindern.

Konkurrenz wird die SPD von den Linken bekommen. Sie fordert einKonjunkturprogramm von 50 Milliarden Euro und eine harte Regulierungder außer Kontrolle geratenen Finanzmärkte. Während die FDP aufniedrigere Steuern und Strukturreformen setzt, wollen die Grünen vorallem mehr staatliche Investitionen. Auch dürfe der Klimaschutz jetztnicht geopfert werden, nur weil die Autobauer wichtige Öko-Trendsverschlafen hätten, mahnen sie.

Erste Hinweise, was Regierung und Koalition gegen den drohendenschärfsten Wirtschaftsabschwung der Nachkriegsgeschichte in pettohaben, könnte der 5. Januar liefern. Dann treffen sich die Spitzender Koalition bei der Kanzlerin. Wer auf ein riesiges Konjunkturpaketwie in China oder den USA hofft, dürfte jedoch enttäuscht werden.

Die Strategen im Kanzleramt argumentieren, ein schnelles Nachlegender Regierung könnte als Kurs-Korrektur kritisiert werden, alsschmerzliches Eingeständnis, dass das erste Programm nichtausreichend war. Das Treffen soll also eine Bestandsaufnahme sein,zumal das erste Paket mit Mittelstandskrediten und Kfz-Steuerbonusdann gerade einmal vier Tage in Kraft sein wird.

Die Botschaft des 5. Januar dürfte lauten: Die Regierung verfolgtaufmerksam die weitere Entwicklung und kann sich gut vorstellen, nochein paar Milliarden für Investitionen in Bildung und Infrastrukturlocker zu machen. Entscheidungen, so heißt es in der Koalition,werden aber wohl erst um Ostern herum, also Mitte April, fallen.