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Kinostart: 18. April Kinostart: 18. April: «Leo und Claire»

Von Birgit Heidsiek 14.04.2002, 16:17
Michael Degen und seine Filmpartnerin Franziska
Michael Degen und seine Filmpartnerin Franziska dpa

Hamburg/dpa. - Doch kurze Zeit später wird er auf offener Straße entführtund brutal zusammengeschlagen. In seinem neuen Spielfilm «Leo undClaire» erzählt der deutsche Regisseur, Produzent und KameramannJoseph Vilsmaier («Comedian Harmonists», «Marlene») die authentischeGeschichte des jüdischen Kaufmanns Leo Katzenberger, dem damals seineSympathie für eine junge «arische» Fotografin zum Verhängnis wurde.

Für die Hauptrolle engagierte Vilsmaier den Film- undTheaterschauspieler Michael Degen, der selbst während der Nazizeitmit seiner jüdischen Mutter im Untergrund leben musste. «Als meinVater ins KZ kam, war ich sieben Jahre alt. Ich habe heute noch dasBild vor Augen, wie er abgeholt wurde», gibt Degen preis. «DieKatzenberger-Rolle hat mich interessiert, weil er fast wortwörtlichwie mein Vater über seine Heimat Deutschland gesprochen hat. Das wargespenstisch. Darum hat mich diese Rolle sehr gereizt.» Am härtestenerwies sich für ihn die Entführungsszene auf der Straße. «Als ichplötzlich auf den Lastwagen gezogen wurde, verschwammen für michRealität und Spiel. Ich wusste nicht mehr, in welcher Zeit ich michbefand. Auf einmal spürte ich wieder die Angst, die Wut undVerzweiflung.»

Produziert wurde «Leo und Claire» von der Münchner Odeon Film inKoproduktion mit Vilsmaiers eigener Firma Perathon Film. DasDrehbuch, das sich an Motiven aus Christiane Kohls Dokumentation «DerJude und das Mädchen» über den Fall Katzenberger orientiert,verfasste der Autor und Produzent Reinhard Klooss gemeinsam mit KlausRichter. Die Filmaufnahmen erfolgten in den Bavaria Studios sowie anverschiedenen Originalschauplätzen. Dazu gehörten der Gerichtssaal inNürnberg, wo die Nazis auf ihrem Reichsparteitag 1935 die«Rassengesetze» verkündeten, sowie ein Restaurant in München-Schwabing, in dessen Hinterzimmer Hitler häufig zu Gast war.

In diesem Lokal vergnügt sich der lebenslustige GeschäftsmannKatzenberger mit seiner jungen Untermieterin (Franziska Petri), dieein Foto-Atelier auf seinem Hinterhof eröffnet hat. Dort beäugen dieneugierigen Nachbarn missgünstig diesen heißen Flirt, dem seineeigene Ehefrau (Susanne von Borsody) keine große Bedeutung beimisst.Kurz vor der geplanten Flucht 1942 nach Palästina wird Katzenbergervon den spießigen Hinterhofbewohnern angezeigt und wegen«Rassenschande» zum Tode verurteilt.

Trotz dick aufgetragener Klischees, die den Film zu erstickenscheinen, und den farblos wirkenden Frauenfiguren gelingt esVilsmaier, die eigentliche Botschaft seines Kinodramas überzeugend zuvermitteln. In diesem filmischen Mikrokosmos führt er vor Augen, wiemachtlose Mitläufer durch geschürten Neid und Hass zu gefährlichenDenunzianten mutieren. Die in die USA emigrierte Nichte vonKatzenberger, die zu einer internen Vorführung des Films nachNürnberg kam, war tief davon berührt. «Sie hat hemmungslos geweint,sich an mich geklammert und dabei immer wieder gesagt "Sie haben ihnzu Leben erweckt"», erzählt Degen.