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Kanu Kanu: «Paddel-Oma» Birgit Fischer läuft die Zeit davon

Von Frank Thomas 13.04.2004, 15:37
Birgit Fischer hält nach einer Pressekonferenz in Berlin ein Paddel in beiden Händen. (Foto: dpa)
Birgit Fischer hält nach einer Pressekonferenz in Berlin ein Paddel in beiden Händen. (Foto: dpa) dpa

Brandenburg/dpa. - Die Zeit rennt ihr davon: Nach 36 Jahren im Paddelboot spricht Birgit Fischer «vom schwersten Winter» ihrer Erfolgs-Karriere. Groß ist derzeit noch der Rückstand zur Konkurrenz, doch sie vertraut auf ihre Routine. Zwei Wochen vor der ersten Olympia-Qualifikation steht noch in den Sternen, ob das spektakuläre Comeback der deutschen Rekord-Olympionikin wirklich der erhoffte Erfolg wird. «Sechs bis sieben Sekunden sind die Besten weg», konstatiert die 42-Jährige nach dem Kräftemessen im Trainingslager im italienischen Sabaudia.

«Aber ich weiß natürlich, woran es liegt, das braucht mir kein Trainer zu sagen. Mir fehlt das Stehvermögen, die Kraft. Über 100 m bin ich Spitze, über 250 m kann ich mithalten, aber über 500 m - da fehlt es mir noch», sagt die siebenmalige Olympiasiegerin und verweist wieder auf das Thema Zeit: «Die Zeit ist das wichtigste in meinem Leben, gleich nach der Gesundheit.» Und erste Selbstzweifel mischen sich in ihre Worte: «Vielleicht hätte ich doch etwas eher wieder anfangen müssen.» Erst im Oktober 2003 hatte sie ihr Comeback angekündigt, drei Jahre nach ihrem Doppel-Triumph von Sydney.

In Sabaudia war sie allerdings nur die Nummer sechs unter sechs deutschen Damen, mit mindestens zehn starken Konkurrentinnen rechnet die mit 27 WM-Titeln erfolgreichste Kanutin der Welt beim Saison- Auftakt in Duisburg. «Wichtig ist nicht, wie oft man trainiert. Wichtig ist, was man trainiert», hat sie sich zur Maxime gesetzt und möchte auf der Wedau unbedingt die Gegnerinnen beeindrucken. «Ich will unter die besten Sieben, alles andere ist zunächst egal», sagt sie ehrgeizig. Nur wer unter die Top Sieben kommt, hat die Chance auf eines der fünf deutschen Olympia-Tickets.

Als die Konkurrenz in warmen Regionen trainierte, suchte sich Birgit Fischer eisfreie Stellen am Ufer des Beetzsees unmittelbar vor ihrem Haus in Bollmannsruh. Ein Hobby-Ruderer war ihr einziger Begleiter bei hunderten Trainingskilometern. «Im Winter ist es auf dem Wasser am schönsten», sagt sie, obwohl sie in früherer Zeit kaum mal in den Kältemonaten trainierte. «Nur beim Comeback 1992, aber damals bin ich volle Kanne das Training angegangen. Diesmal habe ich es mit dem Aufbau ruhiger angehen lassen.» Ein Risiko, das sie um die sechste Olympia-Teilnahme seit ihrem goldenen Debüt 1980 in Moskau mit 18 Jahren bringen könnte.

Egal wie das Comeback nun ausgeht, zu bereuen hat Birgit Fischer nichts: «Ich hätte es nur bereut, wenn ich es nicht gemacht hätte. Dann hätte ich mich wahrscheinlich mein ganze Leben nach dem Warum gefragt.» Sie sieht es als Vorteil an, dass sie nach drei Jahren fast ohne jeglichen Sport nun wieder eine 1A-Fitness mitbringt und schon fünf von den einst sieben Kilo Übergewicht abgebaut hat. «Ich weiß jetzt, dass ich auf jeden Fall weiter Sport treiben werde, ich fühle mich einfach wohler. Da spielt es keine Rolle, ob ich nun in Athen dabei bin oder nicht.»

Erneute Streitereien im Team wie vor ihrem erklärten Karriereende 2000 in Sydney fürchtet Birgit Fischer nicht. «Zank hat es auch in den letzten Jahren gegeben, als ich gar nicht mehr dabei war. An mir liegt es also nicht», glaubt sie. Heftige Auseinandersetzungen auf dem Wasser werde es aber auf jeden Fall geben, denn nach dem miserablen Abschneiden der deutschen Damen bei der WM 2003 in Gainesville läuteten bei allen die Alarmglocken. «Alle haben zugelegt. Anett Schuck gibt ein Comeback, Katrin Borchert ist nach zehn Jahren in Australien auch wieder dabei. Das wird ganz hart. Aber alles Vorgeplänkel ist wertlos, zur Sache geht es erst im Wettkampf», setzt sie weiter auf ihre Erfahrung und will sich nicht von den Trainingsleistungen der anderen verrückt machen lassen.