Kanada Kanada: Zwischen Puderzucker und Westernsaloons
Silver Star/gms. - Ein Großteil der Saisonkräfte in Silver Star stammt vom FünftenKontinent. Sie jobben als Ski- und Snowboardlehrer, Liftboys, Kellneroder Verkäufer. Viel Freizeit bleibt meistens nicht, wie auch FrankBerkers weiß: «Zum Skifahren komme ich kaum, ich fange immer erstganz spät in der Saison an, wenn nicht mehr so viel Betrieb ist»,erzählt der gebürtige Niederländer. Heute ist Berkers einer der 125Bewohner von Silver Star, das er als eine «Mischung aus Disneylandund viktorianischem Stil» beschreibt.
Mindestens vier Farben muss jedes der Holzhäuser des Dorfesaufweisen - so haben die Planer einen Ort geschaffen, der mehr an einWesternstädtchen denn an eine Wintersportgemeinde erinnert: Das Büroder Skischule könnte auch als Büro des Sheriffs dienen, und die DayLodge - die Anlaufstation für alle Tagesbesucher - hat Schwingtürenwie ein Saloon.
Auf den Pisten herrscht aber eher der milde denn der wilde Westenvor. Nur wenige Stellen können auch gute Skifahrer aus der Bahnwerfen. Ansonsten verlaufen die Pisten meist sanft und sind deshalbbestens für Familien mit Kindern geeignet. Auch abseits der Pistenkommt der Nachwuchs auf seine Kosten - etwa in der «Tube town», einerArt Rodel-Achterbahn für Faule: Um die schnelle Schlittenbahn aufgroßen Gummireifen regelrecht herunterzuschießen, muss niemand erstden Berg heraufsteigen. Ein Speziallift zieht die Gäste nach oben,während sie in ihren Reifen liegen.
Die derzeit größte «Schneeachterbahn» der Welt findet sich im OrtBig White - eines der Skistädtchen, das das ganze Jahr bewohnt ist.Die Gemeinde verfügt sogar über eine Schule und eine Polizeistation.Die sei allerdings eher eine Auskunfts- und Ansprechstation, um diegroßen Fälle kümmern sich die Gesetzeshüter unten im Tal in Kelowna,erklärt Britta Gretzmacher, die dort ehrenamtlich mithilft.
Vor knapp 20 Jahren ist sie ihrem Mann Klaus von Gummersbach nachKanada gefolgt. Zumindest während der Wintersaison hat es die nunvierköpfige Familie nach Big White verschlagen, wo Britta Gretzmachernicht nur bei der Polizei, sondern auf dem Berg als Betreuerin fürbehinderte Kinder aktiv ist. Stundenweise geht sie mit diesen Jungenund Mädchen auf die Piste und versucht sie, für den Schnee zubegeistern.
Den gibt es in Big White eigentlich immer im Überfluss - sotrocken und pudrig wie selbst in Kanada kaum irgendwo sonst. Ingroßen Kristallen fällt er hier zu Boden und wirkt fast zu schön undzu perfekt, um echt zu sein. Doch der feine Puder ist real, meterhochliegt er auf den Bergen. Dort ist zwar ein großer Teil der Pistenpräpariert, einige Abfahrten werden jedoch bewusst im ursprünglichenZustand gelassen.
Etwa fünf Stunden braucht der Shuttle-Bus von Big White nach SunPeaks, dem dritten Ort im «BC Ski Country». Seit ein paar Jahrenwächst das einstige Dorf zusehends. Die Natur wird zurückgedrängt,bezähmt ist sie noch lange nicht. «Wenn ich hier im Sommer wanderngehe, mache ich immer ein Glöckchen ans Handgelenk», erzählt NancyGreene, Ski-Olympiasiegerin von 1968 und Besitzerin eines Hotels inSun Peaks. In den Wäldern rund um den Ort gebe es noch immer jedeMenge Braunbären. Die könnten gefährlich werden, wenn sie unerwartetMenschen begegneten. Hören sie jedoch das Klingeln der Glöckchen,sind sie gewarnt und verschwinden im Wald, erklärt Nancy Greene.