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Judo Judo: Russin Julia Matijass stolze Deutsche

Von Franko Koitzsch und Gunnar Meinhardt 15.08.2004, 15:05

Athen/dpa. - Als Julia Matijass am Sonntagmorgen aufwachte,konnte sie es noch immer nicht glauben. «Ich soll eine Medaillegewonnen haben?», schoss es dem Judo-«Floh» beim Augenaufschlag durchden Kopf. «Nein, das kann nicht wahr sein», dachte sie im erstenMoment. Erst, als sie ihre Bronzeplakette auf dem Nachtschränkchenglänzen sah und das Metall in den Händen fühlte, wurde ihr bewusst,dass sie sich am Vortag in der Ano-Loissia-Halle von Athen ihren langgehegten Traum erfüllt hatte. Mit ihrer Spezialtechnik hatte sie imkleinen Finale des Superleichtgewichts die Griechin MariaKaragiannopoulou nach 2:51 Minuten auf die Schultern gelegt und sichPlatz drei gesichert. Es war zugleich die erste deutsche Medaille.

Tränen kullerten über Matijass' schmale Wangen, als sie nach ihremgrößten sportlichen Triumph von der Matte kam und BundestrainerNorbert Littkopf umarmte. «Ihm und meinem Heimtrainer JürgenFüchtmeyer habe ich alles zu verdanken. Sie haben immer an michgeglaubt. Ich bin so glücklich wie nie, auch weil ich ihr Vertrauenso belohnen konnte», sagte die gebürtige Russin. Mit dem dritten Ranghaben sich für die 30-Jährige «endlich alle Torturen ausgezahlt».

1995 war sie nach Deutschland gekommen, 1999 wurde sieeingebürgert, 2000 kämpfte sie erstmals für ihre neue Heimat, derenSprache sie anfangs überhaupt nicht verstand, und wo sie auch keineFreunde hatte. Sie war ihrem deutschstämmigen Mann Eduard nachOsnabrück gefolgt. Die Familie blieb im sibirischen Omsk, von wo aussie ihr als erste telefonische Glückwünsche übermittelte. «Eine harteZeit liegt hinter mir. Doch jetzt bin ich nicht nur stolz über dieMedaille, sondern auch stolz, eine Deutsche zu sein», sagte Matijass.

Nach der Halbfinal-Niederlage gegen Angstgegnerin FrederiqueJossinet (Frankreich) hatte sie schon gedacht, dass es wie im Vorjahrbei der EM und WM, wo sie jeweils Fünfte wurde, wieder nicht zurMedaille reichen würde. Littkopf jedoch hatte ihr Mut zugesprochen:«Vergiss alles, jetzt nimmst du dir die Medaille und dann gehen wir.»

Bereits vor vier Jahren sollte die Mutter eines achtjährigenSohnes in Sydney ihr olympisches Debüt geben. Doch Gewichtsproblememachten der einstigen Turnerin einen Strich durch die Rechnung. Fürsie wurde die Remscheiderin Anna-Maria Gradante nominiert und gewannBronze. «Dass ich damals nicht dabei war, hat sich letztlich positivausgewirkt», befand Matijass, die als 13-Jährige mit dem Judosportbegonnen hatte und 1993 Junioren-Weltmeisterin im Sambo geworden war.

Gewichtssorgen hatte die 1,61 m große Athletin, die maximal 48 kgwiegen darf, diesmal nicht, «weil wir schon zwei Monate vor demTurnier mit der Diät angefangen haben», erzählte Littkopf. «Du kannsttolles Judo, du bist so willensstark, wenn du langfristig das Gewichtreduzierst, holst du eine Medaille», hatte der Coach ihr eingebläut.Als er seinen Schützling in der Woche vor dem Olympia-Auftrittmehrfach lächelnd sah, «wusste ich, dass sie auf das Podest kommt».

Judo habe ihr alles gegeben, meinte Matijass, die wie ihr Mannbeim JC Crocodiles Osnabrück als Trainer tätig ist. Nach den Spielenwill sie eine Ausbildung als Verwaltungsangestellte beginnen. Ob sieauf der Matte weiter um Lorbeer kämpfen wird, ist ungewiss. Darüberdenke sie jetzt nicht nach, erst einmal möchte sie Olympia genießen.