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Jubiläum Jubiläum: Symbiose aus Fußball und Medizin: Bernd Bauchspieß feiert 65.

Von Karsten Lehmann 08.10.2004, 15:20

Leipzig/dpa. - Das künstliche Kniegelenk steht neben einemBierkrug des Fußballvereins FC Sachsen Leipzig: Bernd Bauchspieß hatdie Vitrine seiner Praxis für Orthopädie in Leipzig mit denUtensilien dekoriert, die sein Leben geprägt haben. «Ich habe immereinen dualen Weg verfolgt», betont der gebürtige Zeitzer und erzähltmit ruhiger und gelassener Stimme von seiner Philosophie überFußball. Der dreimalige Torschützenkönig der DDR-Oberliga undBronzemedaillen-Gewinner der Olympischen Spiele von Tokio 1964feiert am Sonntag seinen 65. Geburtstag.

Wenn der Facharzt seine Augen schließt und an seine Fußball-Karriere denkt, fällt ihm auf Anhieb ein Ereignis ein: «Vor 200 000Zuschauern im Maracana-Stadion in Rio de Janeiro gegen AthleticoMadrid. Und ich schieße ein Tor. Das war einmalig», sagt Bauchspieß.Mit der Nationalmannschaft der DDR reiste er 1965 zu einem Turniernach Südamerika. «Wir waren die ersten DDR-Fußballer in Brasilien»,erinnert er sich. Offizielle Länderspiele gab es dort nicht. Seineinziges A-Länderspiel bestritt Bauchspieß 1959 beim 2:3 gegenFinnland in Helsinki.

Bereits während seiner aktiven Laufbahn zog er sein Medizinstudiumohne Verzögerungen durch. Seine Staatsexamen schloss er mit der Notezwei ab und promovierte 1969, ehe er 1973 zum letzten Mal im Dressder BSG Chemie Leipzig in der Oberliga auflief.

Von 1950 bis 1960 spielte der «Spießer» - wie er von seinenFreunden genannt wird - bei seinem Heimatverein BSG Chemie Zeitz.1959 (18 Tore) und 1960 (25) holte er sich die Torjägerkrone in derOberliga. Anschließend wechselte der bullige Stürmer zum Liga-Konkurrenten SC Dynamo Berlin, wo er nur fünf Monate blieb. «Ich bindort nicht warm geworden. Zudem gab es private Gründe, die ich nichtverraten werde und mit ins Grab nehme», begründet Bauchspieß seinenWeggang. Mit seinem Rückzug aus Berlin schien die Karriere des damals21-Jährigen beendet. Die Führung der DDR untersagte ihm, weiter ineinem Sportclub zu spielen.

«Ich bin dann nach Leipzig gegangen, um mein Medizinstudium zubeginnen», erzählt Bauchspieß. Bei der Reform des Leipziger Fußballswurde er zur BSG Chemie Leipzig abgeschoben. Mit Trainer Alfred Kunzegewann er 1964 sensationell die DDR-Meisterschaft und wurde ein Jahrspäter Pokalsieger. «Alle meine Trainer haben mich sehr geprägt»,betont Bauchspieß, der sich 1965 mit 14 Treffern zum dritten Mal dieTorjägerkrone sicherte. Insgesamt bestritt Bauchspieß 264Oberligaspiele, in denen er 119 Mal traf.

In der Meister-Saison erweckte der Stürmer auch bei Karoly SoosAufsehen. Der Trainer der DDR-Olympia-Auswahl suchte das Gespräch mitBauchspieß, dem die DDR-Funktionäre die Absicht zur Republikfluchtunterstellt hatten. «Ich habe Soos gesagt, dass ich hier bleibenwill. Das hat er akzeptiert. Und so war ich bei Olympia mit dabei»,erinnert sich Bauchspieß. In Tokio 1964 wurde er drei Mal eingesetztund gewann mit der DDR die Bronzemedaille.

Seinen «Chemikern» ist der Arzt bis heute treu geblieben. Einbisschen Wehmut mischt sich in seine Stimme, als er über diederzeitige Situation des Leipziger Fußballs spricht. «Mindestens die 2.Liga muss her. Ich denke, dass wir in Leipzig unser Potenzial nochnicht ausgereizt haben. Wir müssen das neue Zentralstadion mit Lebenfüllen», wünscht er sich. Derzeit spielt der Chemie-NachfolgeclubSachsen Leipzig als höchstklassiges Team der Messestadt alsViertligist in der einzigen ostdeutschen WM-Spielstätte für 2006.