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Niedersachsen und Bremen Eis in der Hand, Ärger im Becken

Eine Gruppe Jugendlicher verletzte in Hannover Anfang Juni einen Schwimmmeister. Die Zahl der Straftaten in Schwimmbädern ist in Niedersachsen landesweit gestiegen. Was ist der Grund dafür?

Von dpa 19.07.2025, 07:30
Für Tage, an denen ein Besucheransturm erwartet wird, engagieren manche Freibäder Sicherheitsleute. (Archivbild)
Für Tage, an denen ein Besucheransturm erwartet wird, engagieren manche Freibäder Sicherheitsleute. (Archivbild) Lars Penning/dpa

Hannover - Wenn im Sommer die Sonne knallt, bedeutet das für die Freibäder meist Hochbetrieb. Doch während die Besucher auf der Liegewiese dösen, im Becken planschen und massenweise Eis über die Kiosktheke geht, bleibt es nicht überall friedlich. In niedersächsischen Schwimmbädern und an Badestellen sind im vergangenen Jahr 1.890 Straftaten registriert worden.

Fast die Hälfte der Taten waren Diebstähle, wie das Landeskriminalamt (LKA) in Hannover auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mitteilte. Hinzu kamen zahlreiche Fälle von Körperverletzung, Sachbeschädigung und sexueller Belästigung. Insgesamt wurden 116 Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung erfasst. 

Im Vorjahr 2023 wurden noch weit weniger Fälle mit dem Tatort Schwimmbad gezählt – nämlich insgesamt 1.175 Delikte. Jedoch muss erst seit dem vergangenen Jahr in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) der genaue Tatort verpflichtend angegeben werden. Dadurch sind die aktuellen Zahlen laut LKA nur eingeschränkt mit denen aus den Vorjahren vergleichbar. Bis einschließlich 2023 fehlte bei mehr als 60 Prozent der erfassten Straftaten die Angabe des Tatorts.

Streetworker sollen ansprechbar sein für Jugendliche

Wie eine dpa-Umfrage in den größten Städten Niedersachsens und in Bremen ergab, wird die Kriminalität in Freibädern dort nicht als gravierendes Problem eingestuft. An besonders heißen Tagen setzen viele Kommunen jedoch zusätzliches Sicherheitspersonal ein, um auf den großen Andrang vorbereitet zu sein.

Am 22. Juni war im Lister Bad in Hannover ein Rettungsschwimmer verletzt worden. Er soll aus einer Gruppe Jugendlicher heraus angegriffen und ins Gebüsch gestoßen worden sein. Laut Polizei war ein Streit um die Öffnung des Sprungturms Auslöser. Die Stadt kündigte daraufhin zusätzliche Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit an - sowohl für Gäste als auch für das Personal.

„Wer Grenzen überschreitet, hat dort nichts zu suchen“

Unter anderem sollen in dem betroffenen Bad noch bis Ende der Sommerferien Jugendsozialarbeiter - sogenannte Streetworker - eingesetzt werden. Hannovers Oberbürgermeister Belit Onay (Grüne) sagte: „Wir setzen auf Dialog, Präsenz und ein respektvolles Miteinander. Klar ist aber auch: Wer meint, in unseren Freibädern Grenzen überschreiten zu können, der hat dort nichts zu suchen.“ Bei dem überwiegenden Teil der ermittelten Tatverdächtigen von Straftaten in Freibädern handelt es sich der Polizeidirektion Hannover zufolge um männliche Jugendliche und Heranwachsende.

Die Stadt Göttingen sieht ihre drei Freibäder und das Spaß- und Wellnessbad in schwierigen Situationen handlungsfähig. „Bei Bedarf können auch Hausverbote ausgesprochen und Gäste des Bades verweisen werden“, sagte ein Sprecher der Stadt. Sollte das nicht ohne Probleme umsetzbar sein, werde die Polizei oder bei erkennbarer Bedrohungslage zur Unterstützung der Mitarbeitenden ein privater Sicherheitsdienst hinzugezogen. Dieser sei in der laufenden Freibadsaison jedoch bislang nicht erforderlich gewesen.

Stadt Oldenburg: Respekt gegenüber Mitarbeitenden sinkt

Eine Sprecherin der Stadt Oldenburg sagte, dass die angezeigten Straftaten im Olantis-Freibad seit einigen Jahren auf dem gleichen Niveau blieben. „Was jedoch auffällt ist, dass der Respekt gegenüber den Mitarbeitenden in den vergangenen Jahren immer weiter abgenommen hat. Diese werden teilweise bedroht, ausgelacht und verachtet.“ Das Freibad-Publikum sei ein Querschnitt der Gesellschaft. „Zudem nimmt die Aufsichtspflicht für die Kinder seitens der Eltern ab, man verlässt sich komplett auf die Mitarbeitenden und das Team Aufsicht“, kritisierte die Sprecherin.

Großteil der Besucher „verhält sich völlig korrekt“

In den Freibädern Bremens hat sich der Polizei zufolge im Vergleich zu den Vorjahren nichts verändert. Demnach wurden 2024 insgesamt 64 Straftaten mit dem Tatort Schwimmbad registriert, elf weniger als im Vorjahr. Hauptsächlich handele es sich um Körperverletzungen, Sachbeschädigungen und Hausfriedensbruch sowie Diebstähle, hieß es.

Angst vor dem nächsten Besuch im Freibad ist laut einem Sprecher der Stadt Hannover trotz aller Vorkommnisse nicht nötig: „Der ganz überwiegende Teil der Besucher*innen verhält sich völlig korrekt.“ Sowohl das Lister Bad – wo im Juni der Rettungsschwimmer angegriffen wurde – als auch die anderen Bäder seien „Orte der Entspannung und Erholung, der Begegnung und des Sports“.