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Jubiläum Jubiläum: Olympiasieger Lee Evans wird 60

Von Ralf Jarkowski 23.02.2007, 16:05
Der Amerikaner Lee Evans (M) wirft sich als Sieger in das Zielband (Archivfoto vom 18.10.1968). Er gewinnt mit neuem Welt- und olympischen Rekord die Goldmedaille vor Larry James (r) und Ronald Freeman (l, oben). (Foto: dpa)
Der Amerikaner Lee Evans (M) wirft sich als Sieger in das Zielband (Archivfoto vom 18.10.1968). Er gewinnt mit neuem Welt- und olympischen Rekord die Goldmedaille vor Larry James (r) und Ronald Freeman (l, oben). (Foto: dpa) UPI A0001

Hamburg/dpa. - Derfarbige US-Amerikaner ist Olympiasieger - und in was für einer Zeit:43,8 Sekunden. Weltrekord! Evans hat im Finale als ersterViertelmeiler der Welt die Schallmauer von 44 Sekunden durchbrochen,vollautomatisch gestoppte 43,86 gehen später in die Statistik ein.Zwei Tage später holt er sich auch mit der US-Staffel inWeltrekordzeit Gold. Am Sonntag (25. Februar) feiert Lee Evans, derseit Dezember 2001 als Chef-Lauftrainer an der Universität SouthAlabama arbeitet, seinen 60. Geburtstag.

«Es war mein bestes Rennen überhaupt. Und immer, wenn es heute malnicht so gut läuft oder ich schlecht drauf bin, dann denke ich andiesen Tag. Das baut mich wieder auf», sagt der Kalifornier in einemInterview der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Sein Jubiläum will ereigentlich überhaupt nicht feiern, denn der Job geht vor: Evans istals Coach am Wochenende in Jonesboro/Arkansas bei den ConferenceChampionships von zehn Uni-Teams. «Wir rechnen uns Siegchancen aus»,sagt er, «und wenn wir gewinnen, geht die Party so richtig ab: Dannhabe ich 5000 oder 6000 Geburtstagsgäste.»

Weltbekannt wurde Evans schon fünf Wochen vor seinem olympischenCoup: Am 14. September 1968 absolviert er die Stadionrunde bei denUS-Trials im 2248 Meter hoch gelegenen South Lake Tahoe in 44,0Sekunden. Weltrekord? Die Zeit sagt ja, der Leichtathletik-Weltverband IAAF nein. Der US-Boy hat den neuen «Bürstenschuh» mit 68jeweils vier Millimeter langen Spikes getragen. Verboten. Doch 34Tage später hat er «seinen» Weltrekord, und erst knapp 20 Jahrespäter, am 17. August 1988, ist er ihn wieder los: Harry «Butch»Reynolds (USA) rennt in Zürich unglaubliche 43,29 Sekunden.

Der am 25. Februar 1947 im kalifornischen Madera geborene und inFresno aufgewachsene Evans entpuppt sich sehr schnell alsJahrhundert-Talent: Während seiner High-School-Zeit schlägt ihnkeiner; in 46,6 Sekunden läuft er die 400 Meter so schnell wie keinanderer Oberschüler in den Staaten, als 19-Jähriger bereits 45,2Sekunden. Neben Bestzeiten in Serie liefert der Afroamerikaner später(s)eine Erklärung dafür: «Mein Bruder und ich waren hungrig undstahlen deshalb Früchte. Wenn die Farmer mit ihren Gewehren kamen,mussten wir so schnell wie möglich davonlaufen.»

Ein Antrieb ist auch das Geld, mit dem sich der in bescheidenenVerhältnissen aufgewachsene Evans weit blickend eine Zukunft nach demSport sichern will. «Ich habe Sport getrieben, weil das für mich dereinzige Weg war, um ein Stipendium an der Universität zu bekommen undsomit studieren zu können», sagt er. «Ich hatte nicht viel Geld.»

Was Evans auszeichnet, sind Kraft und Willensstärke. Und er kannkämpfen, wie sich im Olympia-Finale zeigt: Nur eine Zehntelsekundehinter ihm sprintet Landsmann Larry James ins Ziel und holt Silber.«Larry ist 395 Meter perfekt gelaufen», kommentiert der Olympiasiegerspäter schlagfertig, «ich 401 Meter weit. Das war der Unterschied.»Der Abstand zu Martin Jellinghaus ist deutlich größer: 1,5 Sekunden.Der einzige deutsche Finalist wird immerhin Fünfter und rettet alsSchlussläufer der Staffel sogar Bronze.

1972 steht Evans in München zwar noch ein letztes Mal im Olympia-Team, die US-Staffel über 4 x 400 Meter kommt aber gar nicht zumEinsatz. Er beendet seine Karriere, nimmt 1973 den Profi-Status anund macht seinen Uni-Abschluss. Seit Mitte der 70er Jahre wirkt Evansals Coach in den USA und gibt seine Erfahrungen in rund 20 weiterenLändern weiter: In Nigeria, wo er 1979 sogar «Trainer des Jahres»wird, Katar, Saudi-Arabien, Kamerun und Madagaskar.