Jubiläum Jubiläum: Klaus Sammer will 103 werden

Dresden/dpa. - «Dienst ist Dienst und Schnaps ist Schnaps.» Klaus Sammer ist kein Vertreter der sentimentalen Art. Seinen 60. Geburtstag am Donnerstag sieht der Fußball-Trainer aus Dresden nicht als Meilenstein in seinem Leben. «Ich werde 103. Da bleibt noch genug Zeit zum Feiern», sagte der wegen seiner beachtlichen Körpergröße von 1,92 m von Freunden nur der «Lange» genannte Coach vor seinem Ehrentag. Den wird der Fußballlehrer in DFB-Diensten in der Sportschule Kaiserau begehen. Sammer gehört zur Prüfungskommission, die am Donnerstag die A-Lizenz-Anwärter unter die Lupe nimmt. Nachgefeiert wird deshalb am Samstag im kleinen Kreis auf einer Dresdner Tennisanlage. «Mehr als zwölf Leute kommen da aber nicht zusammen», so Sammer.
Sein Sohn wird ihm nur telefonisch gratulieren können. Matthias Sammer spielt mit seiner Dortmunder Borussia am Samstag gegen Kaiserslautern. «Das ist aber kein Problem. Ich war lange genug Trainer und weiß, wie das ist», erklärte der Vater. Beim Junior war der Termin fast in Vergessenheit geraten. «Haben Sie zufällig parat, an welchem Tag das sein wird?» antwortete er auf die Frage nach etwaigen Geburtstagsüberraschungen. Aus seiner scherzhaften Ankündigung, seiner Mannschaft bei einem Sieg in Nürnberg eine Woche frei zu geben und nach Dresden zu fahren, ist dann wohl doch nichts geworden.
Klaus Sammer, der sich mit Fahrrad fahren, Joggen an der Elbe und Sauna-Gängen mit früheren Dynamo-Stars fit hält, beobachtet mit einem Schmunzeln die Entwicklung seines Sohns, dem er als 17-Jährigem genau wie Ulf Kirsten zum Oberliga-Debüt verhalf. «Ich war als Spieler genauso ein Heißsporn wie Matthias, als Trainer habe ich mich dann diszipliniert», verriet Sammer, der Dynamo Dresden zwischen 1983 und 1986 in der DDR-Oberliga und von Juni 1992 bis April 1993 in der Bundesliga betreute. Ratschläge gibt er seinem Sohn zwar nicht, doch den Auftritt des Borussia-Coachs in Nürnberg sieht er nicht ganz kritiklos: «Er hat eigentlich nur einen pädagogischen Fehler gemacht, weil er Markus Merk im Beisein seiner Linienrichter kritisierte.»
Über andere Trainer will sich der mitunter etwas kauzig wirkende Sammer nicht äußern, auch zum umstrittenen Engagement seines früheren DDR-Kollegen Bernd Stange im Irak nur indirekt: «Ich würde nie aus Dresden weggehen.» In seiner Heimatstadt hat der gebürtige Gröditzer als beinharter Verteidiger die «goldenen 70er Jahre» der Dynamo- Mannschaft miterlebt, wurde zwei Mal DDR-Meister, einmal Pokalsieger, mischte bei den legendären Europacup-Duellen gegen Bayern München mit und wurde 17 Mal in die Auswahl berufen. Mit Dynamo erlebte Sammer 1986 auch seine schwärzeste Stunde als Trainer. Nach einem 2:0- Hinspielsieg und einer 3:1-Pausenführung kassierten die Dresdner im Europapokal der Pokalsieger eine 3:7-Niederlage gegen Bayer Uerdingen und schieden aus. Die Flucht eines Spielers kostete Sammer am Saisonende den Stuhl.
Frühere Mitspieler, Kollegen und Familienmitglieder schätzen die gradlinige und kompromisslose Art des schlaksigen Trainers, der heute als Beobachter für Rudi Völler bei Länderspielen und für den Fußball- Nachwuchs im Nordosten unterwegs ist. Sein Vertrag beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) läuft bis 2003. «Ich hoffe, dass ich danach noch ein bisschen weitermachen kann», erklärte Sammer.
Arbeit gäbe es genug, auch bei seinem Stammverein, der aus der Oberliga gerade wieder in die Regionalliga aufgestiegen ist, den Sammer aber nur aus der Distanz beobachtet: «Nach dem Absturz aus der Bundesliga habe ich gesagt, dass es mindestens zehn Jahre dauern wird, bis der Club wiederkommt. Die zehn Jahre sind schon fast um.» Er befürchtet, dass er auch mit seiner neuen Prognose Recht behalten wird: «Es wird nochmal zehn Jahre brauchen, bis Fußball-Dresden wieder ganz oben mitmischen kann.»