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Jubiläum Jubiläum: Ein Verein begibt sich auf die Suche nach seinen Wurzeln

Von HENRIK KLEMM 09.06.2010, 17:12

COSWIG/MZ. - Das anhaltische Coswig kann auch im Sport auf eine lange Tradition verweisen. Im Mittelpunkt steht dabei ohne Zweifel der heutige Verein Blau-Rot. 1950 im Juni gegründet, gehören ihm gegenwärtig etwa 500 Mitglieder an. Handball und Fußball sind die größten Abteilungen.

Nun soll bei einem Festwochenende vom 18. bis zum 20. Juni kräftig gefeiert werden. Den Anlass bieten zwei Jubiläen. Da sind zum einen sechs Jahrzehnte des Bestehens von Blau-Rot, zum anderen 105 Jahre Fußball in Coswig. Die Gründe hingegen sind vielfältiger. "Wir wollen unseren Verein vorstellen, Mitstreiter gewinnen und die Zusammenarbeit festigen", sagt Klaus-Uwe Kothe, der seit 1970 dem Sportverein - erst der BSG Chemie und dann ab 1990 Blau-Rot - angehört und 21 Jahre dessen Vorsitzender ist.

Der 65-Jährige verweist auf die Leistungen der Ehrenamtlichen, deren Einsatz es zu würdigen gelte. Stolz sind er und seine Mitstreiter ebenso auf das in der Vergangenheit von den Mitgliedern auf dem Sportgelände Geschaffene. Inzwischen funktioniere auch die Zusammenarbeit mit Stadtverwaltung und Stadtrat bestens, ergänzt Thomas Hillienhoff, der Fußballabteilungsleiter.

Kaum Material vorhanden

Weniger gut ist es um die Aufarbeitung insbesondere der älteren Fußballgeschichte des Vereins bestellt. Außer den Ergebnissen der Nachforschungen von Vereinsmitglied Detlef Poetzsch liege nichts vor, eine entsprechende Chronik existiere nicht, sagt Hillienhoff und hofft, dass sich dies ändern werde.

Um es vorwegzunehmen, Coswig hat nie eine Spitzenrolle im anhaltischen Fußball gespielt, kickte zumeist in der II. Anhaltklasse (Ostkreis). Hier waren zum Beispiel Mitte der 1920er Jahre die Reserveteams von Dessau 98, Dessau 05, Viktoria Zerbst, Zerbst 1900, Roßlau 08 sowie die ersten Teams von Dellnau, Rodleben und Oranienbaum aktiv. Doch über 100 Jahre wird in Coswig auf jeden Fall schon dem runden Leder nachgejagt. Und: "Askania" darf mit Fug und Recht als Vorläufer der heutigen Blau-Roten gelten. Ob die Anfänge gar ins Jahr 1893 zurückreichen, kann zur Zeit jedoch nicht mit Gewissheit gesagt werden. Fest steht, dass der "Wörlitzer Courier" am 7. September 1893 meldet: "Mehrere junge, hiesige Herren haben einen Verein gegründet, dem sie den Namen ,Askania' gegeben haben." Später tritt dieser Verein zusammen mit dem Radfahrer-Verein Coswig von 1893 als Organisator einer Veranstaltung zugunsten des Krieger-Denkmalfonds auf. Ob der Verein indes ein Sportverein ist, das bleibt unklar.

Aufnahme in den Fußballbund

Mithin scheint es wahrscheinlicher zu sein, dass Askania Coswig - obwohl auch schon im Februar 1904 von einem Spiel gegen Viktoria 03 Zerbst berichtet wird - 1905 gegründet wurde. Zumindest spricht dafür, dass der Verein nachweislich beispielsweise 1920 das 15.-, 1922 das 17.- und 1925 das 20. Stiftungsfest feiert.

Wichtig für die Entwicklung von Askania Coswig ist überdies der 11. Mai 1919. Da nämlich wird mit einem großen Sportfest - der Verein hat zu dieser Zeit etwa 150 Mitglieder - die Aufnahme in den Verband Mitteldeutscher Ballspielvereine, letztlich also in den Deutschen Fußballbund, begangen. Mit diesem Beitritt nimmt Askania am offiziellen Wettspielbetrieb im Gau Anhalt teil, absolviert also künftig Pflichtspiele. Zum Sportfest selbst heißt es in der örtlichen Presse: "Am kommenden Sonntag wird der hiesige Sportverein Askania mehr als 200 auswärtige Gäste empfangen, die ihre Teilnahme für den Tag zugesagt haben. Die Fußballwettkämpfe, die auf dem Rettungsplan ausgetragen werden, sind für Coswig eine Sensation! Von den einzelnen Vereinen werden durchweg nur erstklassige Mannschaften, die weit über Anhalts Grenzen bekannt sind, ins Treffen gestellt werden." Der Verein für Rasensport Dessau besiegt Hertha Wittenberg mit 2:0, der Sportverein Dessau schlägt Dessau 98 mit 1:0. Und im Endspiel schafft der Sportverein Dessau einen sicheren 3:0-Erfolg gegen Rasensport. Die Spiele finden auf dem "Rettungsplan" statt, einem von Wald umrahmten Sportplatz im heutigen Bereich Ratskiefern, Hasenwerder und Triftweg, der ab 1924 dem Siedlungsbau zum Opfer fällt und auch von Arbeitersportvereinen genutzt wird. Erst 1923 gelingt es dem bürgerlichen Verein Askania, einen Teil des Schützenplatzes auf dem Lerchenfeld plus etwas Land von Nachbargrundstücken zu pachten. Am 10. Juni 1923 wird der Sportplatz in Besitz genommen. Die örtliche Presse schreibt: "Durch die Opferwilligkeit der Vereinsmitglieder und anderer Sportfreunde und Gönner ist ein lang gehegter Wunsch in Erfüllung gegangen, einen eigenen Sportplatz zu haben."

Entwicklung vorerst ungewiss

Doch nur fünf Jahre später, am 13. Mai 1928, zieht der Verein erneut um. "Einen modernen Sportplatz hat sich an der Roßlauer Kreisstraße, gegenüber der ,Bahi' (Berlin-Anhaltische-Holz-Industrie, Anm. d. Red.), der Sportverein Askania geschaffen. Das neun Morgen große Gelände ist von der Sprengstofffabrik gepachtet. Den Sportplatz haben die Mitglieder des Vereins selbst hergestellt", heißt es. Damit hat Askania nunmehr eine viel größer Anlage als zuvor, auf dem Gelände, wo heute eine Tankstelle steht, zur eigenen Verfügung. Zur weiteren Entwicklung des Vereins ist indes nur wenig bekannt, in höherklassigen Ligen spielt er auch zu dieser Zeit keine Rolle. Es ist anzunehmen, dass Askania Coswig in den Verein Vereinigte Handballmannschaften Coswig-Anhalt aufgeht und dort als Fußballabteilung bis zum Verbot nach dem Zweiten Weltkrieg weiter existiert.

Wer Hinweise zur Geschichte von Askania Coswig geben kann, wer Unterlagen oder Fotos besitzt, der wird gebeten, sich unter Tel.: 03491 / 45 88 10 zu melden.