Jubiläum Jubiläum: Deutschlands ältester Olympiasieger wird 96

Bremen/Berlin/dpa. - Am 2. Weihnachtsfeiertag begeht Deutschlands ältester Olympiasieger seinen 96. Geburtstag: Walter Steffens erfreut sich trotz seines stolzen Alters noch immer recht guter Gesundheit.
Vor mehr als 68 Jahren begeisterte er die Turn-Fans in der Berliner Waldbühne. «Es geht mir dem Alter entsprechend. Mein Haus kann ich noch in Ordnung halten», sagt er nicht ohne Stolz.
Nachdem vor vier Jahren der überragende Alfred Schwarzmann und in diesem August auch Matthias Volz starben, ist Steffens der einzige noch lebende Turner aus der legendären deutschen Gold-Riege, die bei den Olympischen Spielen 1936 in Berlin den Mannschaftssieg erkämpfte. «Die Olympischen Spiele waren das größte Erlebnis meines Lebens», erinnert sich der Oldie, der seinen Geburtstag am Sonntag wie in fast jedem Jahr im engsten Familienkreis in seinem Geburtsort Barnstorf unweit von Bremen mit einem weihnachtlichen Gänsebraten beging.
Zwar stand der begeisterte Turner während seiner Karriere etwas im Schatten des dreifachen Olympiasiegers und Mehrkampfsiegers von Berlin, Alfred Schwarzmann, doch galt er in den 30er Jahren als einer der besten Seitpferd-Artisten der Welt. Wie der Turn-Routinier heute bekennt, waren ihm Eleganz und technische Perfektion stets wichtiger, als die Darbietung noch nicht stabiler Höchstschwierigkeiten. «Ich war kein Draufgänger-Typ. In Berlin 1936 gelang mir aber fast alles, nur mit dem Sprung war ich nicht ganz zufrieden», geht sein Blick fast sieben Jahrzehnte zurück an die Stunde des großen Erfolgs.
Gegen den Willen seines Vaters hatte Steffens bereits mit elf Jahren mit dem Turnen begonnen, baute in den Abendstunden oder Sonntags mit seinen Kameraden im Tanzsaal des Hotels «Stuckering» in Barnstorf die Geräte zum Training auf. «Dem Turnverein gehöre ich jetzt schon 75 Jahre an», bekennt er stolz. Seine Eltern wollten eigentlich, dass er als Maler die Familien-Tradition von Großvater und Vater fortsetzen sollte. Sieben Jahre lang trainierte er in Bremen, dann ging er nach Berlin, um seine Leistungen weiter zu steigern und den Sprung in die Olympia-Riege zu schaffen.
Unter mehr als 300 Turnern, die sich um die acht Plätze bewarben, setzte er sich durch und gewann mit der Riege das angestrebte Gold. «Die Grundfähigkeiten hatte ich mir aber alle im Verein vor der Nazi- Zeit erworben. Das war nicht einfach, denn Turnen war für uns allein Hobby, an Geld dafür war nicht zu denken. Heute sind ja alle Profis.»
Nach dem Triumph in Berlin begann er seine Laufbahn als Turn- und Sportlehrer am Gymnasium Hamm. In seiner eigenen Turnschule in Hamm leitete er bis zum 75. Geburtstag Trainer-Lehrgänge, die wegen seines methodisch didaktischen Geschicks stets guten Zulauf hatten. Sowohl den Jüngsten als auch den Senioren vermittelte er seine Kenntnisse.
Und bis heute beschäftigt sich Steffens mit den Problemen der Gesellschaft: «Ich interessiere mich für alles, was in der Welt passiert.» So gehörte er Anfang 2003 zu den ersten Unterzeichnern des Friedensappells deutscher Sportler gegen den Irak-Krieg.