John Degenkolb John Degenkolb: Hoffnung für den gebeutelten Radsport?
Frankfurt/Main/Erfurt/dpa. - Es war ein klares Signal, dasJungprofi John Degenkolb nach dem prestige- wie symbolträchtigenSieg am 1. Maifeiertag in Frankfurt am Main ausgesendet hat: Es gehtwieder aufwärts mit dem Radsport. Der Überraschungserfolg bei der50. Jubiläumsauflage des Klassikers war nicht nur ein persönlicherTriumph für den 22-jährigen Erfurter vom Team HTC-Highroad. Es warein Hoffnungszeichen für die vom Doping beschädigte Sportart.
«Ich bin überglücklich. Denn es ist wichtig, dass es junge Fahrergibt, die den deutschen Radsport wieder sauber präsentieren. Damiter dorthin zurückfindet, wo er vor zehn Jahren war, bevor es bergabging. Da sehe ich mich als ein Beispiel», sagte der schnellste Manndes Tages nach 201,5 Kilometern rasender Fahrt durch den Taunus.Degenkolb gehört zu jener aufstrebenden Generation junger Profis,die für die Renaissance einer tiefgefallenen Szene sorgen sollen.
Dass der Thüringer mit jeder Trophäe, die er überreicht bekommt,stets auch mehr Verantwortung entgegen nimmt, ist ihm bewusst. «Aberdas erzeugt keinen Druck bei mir. Im Gegenteil. Es motiviert mich»,sagte der U23-WM-Zweite. Mit einem 19. Platz beim FrühjahrsklassikerParis-Roubaix vor drei Wochen ließ er ahnen, dass sein Rücken breitgenug sein dürfte, um diese Last zu schultern.
Sein Sportlicher Leiter Jens Zemke ist von Degenkolb überzeugt.«Es ist beeindruckend, dass er schon in seinem ersten Profi-Jahrvorne mithalten konnte. Wenn es so weiter geht, wird der deutscheRadsport viel Freude mit ihm haben.» Besonders freute denÜberraschungssieger indes ein Lob von höchster Seite. «Es warfantastisch, dass heute ein Deutscher gewonnen hat», sagteTour-de-France-Direktor Christian Prudhomme, «denn der deutscheRadsport darf nicht für länger von der internationalen Bühneverschwinden.»
Nach dem Ausstieg von Team Milram im vergangenen Jahr existiertkein nationaler Profi-Rennstall mehr. «Was ich heute gesehen habewar die Realität des deutschen Radsport. Und das war fantastisch»,sagte Prudhomme. Der Franzose spielte auch auf die große Resonanz anden Streckenabschnitten an, die Hunderttausende gesäumt hatten.
Auch Degenkolb, der noch am Ende des Feldes über die letzte«höllische» Bergwertung in Mammolshain gefahren war, trieb dieBegeisterung der Fans im Taunus an. «Zu diesem Zeitpunkt habe ichmich alles andere als gut gefühlt. Daher bin ich der Mannschaftdankbar, die ihr Vertrauen in einen Neo-Profi gesetzt hat und fürmich gefahren ist.» Besonders stolz aber machte ihn, dass er nichtnur im Endspurt die Konkurrenz hinter sich gelassen, sonder zuvorseinen mit 15 Tour-Etappensiegen dekorierten Teamkollegen undMitfavoriten Mark Cavendish abgehängt hatte.
«Das ist schon außergewöhnlich. Mit Mark muss man eigentlichimmer rechnen», erklärte der sprintstarke Allrounder, der sichallerdings noch keine ernsthaften Gedanken über künftigeTour-Triumphe machen wollte. «Momentan ist das noch kein Thema. Esist schwierig, im ersten Profijahr zu sagen, in welche Richtung sichmein Weg und mein Körper entwickeln. Aber wenn es so steilweitergeht wie bisher, muss ich beginnen darüber nachzudenken.» Beider «Dauphiné Libéré» erwartet ihn eine erste Feuerprüfung imHochgebirge.