Jahrhundert-Sportlerin Jahrhundert-Sportlerin: Steffi Graf genießt ihre neue Rolle

Mannheim/dpa. - Sie ist rank und schlank und wirkt so fit wie zuihren besten Zeiten. Auf Trab halten Steffi Graf heute aber nichtmehr die Konkurrentinnen auf dem Tennis-Platz, sondern Jaden Gil undJaz Elle. «Es ist schwerer geworden mit zwei Kindern», sagt dieMutter aus Leidenschaft im Exklusiv-Interview mit der DeutschenPresse-Agentur (dpa). «Zumal, wenn man auch im Hotel so was wie einZuhause aufbauen will.»
Das gelingt der 34-Jährigen immer wieder - auf den weltweitenTurnier-Reisen mit ihrem Mann Andre Agassi oder beim Heimaturlaub inDeutschland. «Es ist eine Frage der Organisation», meint sie undlässt lachend den Blick durch die Suite wandern: «Wir haben extranoch aufgeräumt.» Zum Tennis spielen kommt die Jahrhundert-Sportlerinaber kaum noch. «Ich habe ein Jahr fast überhaupt nicht gespielt.»
Als es Anfang des Jahres wieder los gehen sollte, zog sie sichprompt einen Muskelfaserriss zu. Ärgerlich nicht nur für sie, sondernauch für die Tennis-Fans. Ein für Juli in Berlin geplantes Show-Matchim Stadion an der Hundekehle, wo sie 1986 ihr erstes von 107 WTA-Turnieren gewann, musste verschoben werden. «Wenn ich wieder fit bin,werden wir nochmal darüber sprechen.»
Zu einem großen Auftritt im Mixed an der Seite ihres Manneserübrigt sich dagegen jedes Wort. «Die Idee ist im vergangenen Jahraus einem Witz heraus entstanden - und wurde sehr ernst genommen. Mansoll zwar niemals nie sagen. Aber das ist alles sehr, sehrunwahrscheinlich.» Reizen würde sie der Gedanke aber schon: «Ichwürde gerne mal auf der selben Seite stehen wie Andre. Ob das beieinem Grand-Slam-Turnier sein wird, glaube ich nicht.»
Der Fulltime-Job als Mutter eines Sohnes von zwei Jahren und achtMonaten sowie einer siebenmonatigen Tochter zehrt an der Substanz.Deshalb weint sie der 1999 nach 22 Grand-Slam-Triumphen und einemOlympiasieg beendeten Karriere nicht eine Träne nach. «Ich habe michauf die Zeit danach gefreut und vermisse überhaupt nichts.»
Im Juli rückt ihre ruhmreiche Karriere noch einmal insRampenlicht. Dann wird die Tennis-Legende in die «Hall of Fame»aufgenommen. Das bedeute «Stress und Bauchschmerzen» für sie.«Öffentliche Auftritte dieser Art, eine Rede halten zu müssen, sindfür mich noch immer nicht angenehm. Aber es ist natürlich auch eineganz besondere Ehre.» In der Ruhmeshalle trifft sie auf die 47-jährige Martina Navratilova, die noch immer Grand-Slam-Turnierespielt. «Hut ab. Was sie macht, ist beeindruckend», sagt Steffi Graf.«Ich selbst verbringe meine Zeit aber lieber mit meiner Familie.»
Die lebt in Las Vegas, und das soll auch so bleiben. «Mein Zuhauseist da, wo meine Familie ist. Aber meine Heimat ist und bleibt dieRegion Mannheim/Heidelberg.» Zum ersten Mal war die im vergangenenOktober geborene Jaz Elle in der Heimat der Mutter. «Sie hat denGroßteil der Familie ja noch gar nicht gesehen. Wir haben Onkel,Tante, Vater besucht.»
Der Terminkalender war randvoll, zumal auch bei ihrer Stiftung«children for tomorrow» und den alten/neuen Werbepartnern (adidas)viel Arbeit auf sie wartete. Zeit, sich um das kränkelnde deutscheTennis zu kümmern, blieb nicht. «Ich suche den Kontakt aber auchnicht.» Eine mögliche Nachfolgerin hat sie indes vielleicht gefunden.«Ich unterstütze seit zwei Jahren die 14-jährige Dominice Ripoll. Sieist groß, sehr athletisch, ein großes Talent.»
Dem Ende eines langen Weges könnte ihr Mann Andre Agassi bei denFrench Open näher gekommen sein. Das bittere Erstrunden-Aus gegeneinen Nobody ermöglichte zwar die frühe Rückkehr nach Las Vegas,nährte aber auch Spekulationen über ein baldiges Karriereende.«Solange Andre fit ist und Spaß an dem hat, was er macht, wird erTennis spielen», sagt Steffi Graf und blickt mit einer gewissenSehnsucht in die Zukunft: «Danach werden wir eine normale Familie.»
Bis es soweit ist, werden Steffi Graf und die Kinder den 34 Jahrealten Tennis-Star auf seiner Abschiedstour weiter begleiten. Dochinzwischen wählen «wir die Orte sorgsam aus, damit es ein wenigeinfacher ist für die Kinder». Mit zwei kleinen Kindern durch dieWelt zu tingeln, fällt selbst einer ans Nomadenleben gewöhnten Fraunicht immer leicht.
Weiterer Familien-Nachwuchs ist deshalb vorerst nicht geplant.«Ich lege Wert darauf, dass ich die Kinder auch wirklich aufwachsensehe und mit ihnen viel Zeit verbringe. Zwei finde ich eigentlicheine tolle Zahl.» Oder vielleicht doch nicht? «Das kann man nichtvorhersagen», sagt Steffi Graf und streichelt liebevoll über dieblonden Haare ihres Wonneproppens auf dem Arm. Jaz hat das Glück derFamilie perfekt gemacht.