Italien Italien: Neue Heimstätte für Juventus Turin
TURIN/SID. - Juventus Turin steht nicht unbedingt im Verdacht, ein allzu bescheidener Fußball-Klub zu sein. Doch was der italienische Rekordmeister sich von seinem neuen Stadion verspricht, klingt dann doch recht großspurig. Am Donnerstag, da ist sich Juve sicher, wird im Turiner Nordwesten "lo stadio che cambia il calcio" eröffnet: Das Stadion, das den Fußball verändert. Das neue Heim der alten Dame werde den Calcio "revolutionieren", heißt es stolz.Die 41.000 Zuschauer fassende Arena im Bezirk Le Vallette ist das erste Stadion in Italien, das sich komplett im Besitz eines Fußballklubs befindet. Doch das ist nicht das einzigartige Moment, auf das der Klub abhebt. Vielmehr hat das Juventus Stadio, wie es zunächst heißen soll, ein für Italien völlig neues Konzept zu bieten: Es soll den Fans sieben Tage die Woche offen stehen und so auch jenseits der 90 Minuten als Einnahmequelle sprudeln.In den Stadionkomplex, der seit Juni 2009 an der Stelle des alten Stadio delle Alpi entstanden ist, wurden die Geschäftsstelle sowie das Juve-Museum integriert. Ein Einkaufs- und Vergnügungszentrum von rund 34.000 Quadratmetern Fläche soll die Arena zu einem Magnet für Fußballfans und Leute machen, die nicht in erster Linie wegen des Sports kommen. Auf dem insgesamt 360.000 qm großen Areal (der Vatikan ist unwesentlich größer) befinden sich ein Baumarkt, ein Elektro-Großmarkt und neun Parkplätze für 4000 Fahrzeuge. Auf der Homepage des Klubs heißt es: "Im Stadion der Träume muss jeder Traum wahr werden." Ein klarer Verweis auf das "Theatre of Dreams", die Heimat von Manchester United.Auch sportlich verspricht sich Juve einiges vom 105 Millionen Euro teuren Neubau, der anders als der Vorgänger ohne stimmungshemmende Laufbahn auskommen wird. Der Fan sitzt höchstens 28 Meter vom Spielfeld entfernt, Trainer Antonio Conte erwartet deshalb "ein Spektakel" bei Heimspielen. Es gibt keine Zäune oder Barrieren, auch das ist nicht unbedingt üblich im Land der Ultras. "Die Fans können uns jetzt eine Menge Punkte gewinnen", sagt Conte.Den Rest soll die Mannschaft erledigen, die für 85 Millionen Euro verstärkt wurde. Unter anderen kamen Arturo Vidal (Bayer Leverkusen), Fabio Quagliarella vom SSC Neapel, Eljero Elia (Hamburger SV) und mit Andrea Pirlo vom AC Mailand auch ein alternder Weltmeister von 2006. UEFA-Präsident Michel Platini, einst als Dirigent bei Juve aktiv, gratulierte seiner alten Liebe unlängst aber vor allem zum neuen Stadion. Dort könne "für Juventus eine neue Ära beginnen. Im modernen Fußball sind für die Vereine eigene Stadien besonders wichtig."Andere Klubs wollen Juves Beispiel folgen. Inter Mailand plant die Errichtung eines eigenen Stadions bis 2014 für 60.000 Fans. Ob in Genua oder Florenz, in Udine oder bei den beiden Römer Klubs, fast überall sind neue Projekte auf dem Weg oder in Planung. Auch wegen seiner teilweise extrem veralteten Arenen - die 16 ältesten Erstliga-Spielstätten sind im Schnitt 67 Jahre alt - war die Fußballnation mit Bewerbungen für die Europameisterschaften 2012 und 2016 gescheitert. Ein möglicher neuer Anlauf soll besser vorbereitet werden.Zudem wird im Parlament ein Gesetzesprojekt geprüft, mit dem Gemeinden die Verwaltung der Stadien an die Klubs abgeben können. Vereine, die Kredite für die Modernisierung oder den Bau neuer Arenen aufnehmen, sollen Vergünstigungen erhalten. Die oft einkommensschwachen Klubs erhoffen sich neue Geldquellen. Das spielte auch bei Juve eine Rolle, das trotz großer Erfolge im Delle Alpi oder zuletzt im Olympiastadion häufig vor halbleeren Rängen spielen musste.Auch optisch hat das neue Rund einiges zu bieten. Hinter den Kurven stehen je zwei zu einem umgekehrten V angeordnete, 86 Meter hohe Masten, die in den Landesfarben angestrichen sind. Das Profil soll an die Alpen im Hintergrund erinnern. Ein grün-weiß-rotes Band prangt außen am Oberrang, innen verfügt die Arena über zwei Ränge und den mittlerweile europaweit gängigen Komfort.Zur Eröffnung kommt Notts County, der englische Drittligist, der Juve 1903 seine Farben lieh und das aus heutiger Sicht eher peinliche Rosa verdrängte. Am Sonntag zum Start der Serie A soll dann der AC Parma zu spüren bekommen, was es bedeutet, wenn ein Klub den Fußball revolutioniert.