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Italien Italien: «Hooligans raus, Kinder in die Kurve!»

Von Bernhard Krieger 15.11.2007, 16:19

Rom/dpa. - «Ich werdeden Minderjährigen die Eintrittskarten schenken und will nur nochKinder in der Fan-Kurve», kündigte Atalanta-Präsident Ivan Ruggerian. Mit diesem revolutionären Vorschlag sprach der Club-Chef seinerMannschaft aus der Seele. Nachdem Randalierer nach dem Tod einesFußballfans am Sonntag das Liga-Spiel gegen den AC Mailand zumAbbruch gebracht hatten, forderten alle Atalanta-Spieler in einemoffenen Brief: «Wir wollen keine Kriminellen mehr in der Fan-Kurve!»

Nicht nur den Randalieren, sondern auch dem Todesschützen drohenein Prozess und Gefängnis. Am Donnerstag weitete dieStaatsanwaltschaft die Ermittlungen gegen den Polizisten vonfahrlässige Tötung auf Totschlag aus. Die Hinweise für einengezielten Schuss des Polizisten auf das Auto, in dem der Fan tödlichgetroffen wurde, mehren sich. Der Polizist gab mittlerweile zu, mit«ausgestreckten Armen, aber unbeabsichtigt» geschossen zu haben.

Während sich die radikalen Fans mit ihren «Mörder-Sprechchören»immer mehr bestätigt fühlen, unterstützt der italienischeFußballverband (FIGC) Ruggeris «Kinderplan»: «Das ist mutig», sagteFIGC-Präsident Giancarlo Abete. Liga-Chef Antonio Matarrese nannteRuggeris Plan «vorbildlich» und zeigte sich überzeugt, dass «er mitdieser Initiative nicht allein bleiben wird». Schon am Donnerstagerhielt Ruggeri Zustimmung von Inter-Präsident Massimo Moratti undvielen anderen Club-Chefs. Milans Vize-Präsident Adriano Gallianoforderte die Politik auf: «Ihr müsst uns helfen!»

Wie viele andere Fußballstars fordert Bayern Münchens Stürmer LucaToni, dass die «Randalierer besiegt werden müssen». Denen gehe esüberhaupt nicht um Fußball. «Was in Italien passiert, ist nichtnormal. Auch deshalb bin ich froh, in München zu sein», gab Toni imTrainingslager der Nationalmannschaft in Coverciano zu. Dortversuchen sich die Weltmeister so gut wie möglich abzuschirmen, umsich auf ihr Schicksalspiel in Schottland am Samstag vorzubereiten.Italien muss mindestens Unentschieden spielen, um das EM-Ticket sogut wie sicher in der Tasche zu haben. «Wenn wir die EM-Qualifikationschaffen, widmen wir sie der Familie des toten Fans», sagteNationalkeeper Gianluigi Buffon.

Toni ist nur dann für einen Ligastopp, wenn während der«Denkpause» auch wirksame Maßnahmen ergriffen werden. Einemassenhafte Flucht von Fußballstars aus Italien, wie sie Milan-Stürmer Kakà prophezeit hatte, erwartet der 13-maligeSaisontorschütze jedoch nicht. Auch Nationalelfkollege ChristianPanucci befürchtet keinen Exodus der Serie A: «Fußballer sind immergroße Moralisten, wenn es dann aber ums Geld geht, bleiben sie doch.»

Währenddessen lief die Fahndung nach den Randalieren weiter aufHochtouren. Nach den schweren Krawallen in Rom hat die Polizeibereits 40 Randalierer identifiziert, die in der Nacht zum Montag denSitz des NOK in Rom verwüstet und drei Polizeikasernen angegriffenhatten. Dafür drohen ihnen eine Anklage wegen «terroristischerAktionen» und Haftstrafen von bis zu zehn Jahren.