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Idol Mildenberger wird 70 - Ali-Kampf die «Krönung»

Von Rolf Sperber 22.11.2007, 21:50

Kaiserslautern/dpa. - Der immer noch vital wirkende Pfälzer stand am 10. September 1966 nach dem technischen K.o. in der 12. Runde gegen Schwergewichts- Weltmeister Muhammad Ali alias Cassius Clay im Zenit seiner Popularität. Die 35 000 Zuschauer im Frankfurter Waldstadion feierten damals einen Mann, von dem hinterher sein Gegner anerkennend sagte, er habe ihm «den härtesten Fight meines Lebens» beschert.

Insgesamt 62 Kämpfe hatte Mildenberger hinter sich, als er im September 1968 seine zehnjährige Profikarriere nach einer Niederlage in seinem letzten EM-Kampf gegen den Engländer Henry Cooper beendete. 53 Mal kletterte er als Gewinner aus dem Ring ­ 20 Mal als K.o.- Sieger. Nur sechs Kämpfe verlor Mildenberger ­ drei Mal gab es ein Unentschieden. Auch als Amateur war «Milde» zuvor ein Großer: 59 seiner 64 Kämpfe gewann der deutsche Halbschwergewichts- Amateurmeister von 1958, davon 52 vorzeitig.

Doch den Höhepunkt seiner Karriere erlebte der damalige Schwergewichts-Europameister im Frankfurter Waldstadion gegen Muhammad Ali - im ersten WM-Kampf um den Titel des «Meisters aller Klassen» auf deutschem Boden. Es war die bravourös erlittene Niederlage gegen den «größten Boxer aller Zeiten», die Mildenberger zum Boxidol machten und ihm das Prädikat «Karl der Große» einbrachte. «Ich bin stolz darauf, mit Muhammad Ali im Ring gestanden zu haben. Das war die Krönung meines Lebens», sagte Mildenberger.

Immerhin hatte der Rechtsausleger mit der gefürchteten Linken den Box-Ästheten Ali in der 6. und 8. Runde mit mutigen Attacken am Rande einer Niederlage ­ ehe für ihn in Runde 12 nach mehreren schweren Kopftreffern selber das «Aus» kam. Doch der anhaltende Beifall der 35 000 Zuschauer, darunter die Ex-Weltmeister Joe Louis und Max Schmeling sowie internationale Größen des Showbusiness wie Jean-Paul Belmondo und Ursula Andress, galt dem tapferen Pfälzer.

Mildenberger war in Europa vier Jahre lang die Nummer 1 im Schwergewicht. Den EM-Titel gewann er in seinem 45. Profikampf am 17. Oktober 1964 in Berlin gegen den Italiener Sante Amonti durch K.o. in der ersten Runde, nachdem er seinen ersten EM-Kampf am 24. Februar 1962 in Dortmund gegen den Engländer Dick Richardson durch K.o. in der ersten Runde verloren hatte - was ihm den höhnischen Beinamen «Karl der Flache» einbrachte.

Seinen Titel als Europameister verteidigte er bis 1967 sechs Mal erfolgreich: Jeweils zwei Mal gegen den Italiener Piero Tomasoni und seinen deutschen Widersacher Gerhard Zech sowie gegen den Jugoslawen Yvan Prebeg und den Engländer Billy Walker. Der Name Karl Mildenberger wurde damals fast in einem Atemzug mit der Legende Max Schmeling genannt. Doch der inzwischen schlohweiße Ex-Europameister, der heute noch gerne am Sandsack oder mit dem Springseil trainiert und deshalb nach wie vor sein altes «Kampfgewicht» von rund 90 Kilogramm hat, erlebte auch die Tiefen des Daseins.

Von seinen für damalige Verhältnisse gewaltigen Börsen (rund 1,5 Millionen Mark) blieb Mildenberger durch private Umstände und falsche Freunde nicht viel. Im Stadtteil Hohenecken in Kaiserslautern besitzt er ein Haus, in dem er nach dem Scheitern seiner ersten Ehe mit seiner zweiten Frau lebt. Seinen Lebensunterhalt verdiente sich der Vater zweier erwachsener Söhne 22 Jahre lang als Bademeister.

«Ich habe das gerne gemacht, das hat mir gefallen», sagt «Milde». Der bescheiden lebende Ex-Profi ist für den ehemaligen Präsidenten des 1. FC Kaiserslautern, Norbert Thines, «ein lustiger, guter und seriöser Mensch». In die großen Boxarenen zieht es ihn schon lange nicht mehr. Ab und an schaut er mal bei den Amateuren in Lautern oder Speyer vorbei. Sein ehemaliger Arbeitgeber, die Stadt Kaiserslautern, wird Mildenberger bei einem Empfang am 2. Dezember im Fritz-Walter- Stadion besonders ehren: Nach dem Verdienstorden des Landes Rheinland-Pfalz erhält «Karl der Große» die Silberne Stadtplakette, die zweithöchste Auszeichnung seiner Heimatstadt. (dpa)