Hintergrund Hintergrund: Fan-Ausschreitungen in Europa: Ein Überblick
Hamburg/dpa. - Zwar hat Italien in jüngster Zeit die größtenProbleme mit Ausschreitungen gewaltbereiter Fans, doch auch inanderen europäischen Ländern kommt es immer wieder zu Zwischenfällen.Die Deutsche Presse-Agentur dpa gibt einen Überblick über dieSituation in ausgewählten Ländern.
Bosnien/Serbien/Kroatien: Im Raum des ehemaligen Jugoslawiens habenFan-Ausschreitungen «Tradition». Zu Zusammenstößen kommt es inKroatien vor allem bei den Duellen zwischen Dinamo Zagreb undHajduk Split, in Serbien zwischen den Belgrader Clubs Roter Stern undPartizan. Die Polizei interveniert energisch und brutal. Politischmotiviert sind - als Folge der Kriege zwischen 1991 und 1995 - dieAusschreitungen bei Länderspielen. Es sind extrem nationalistischeParolen zu hören, eigene Kriegsverbrecher werden verherrlicht.
England: Durch moderne Arenen und rigide Sicherheitsvorkehrungen hatEngland das große Hooligan-Problem der 70er und 80er Jahre nach denTragödien von Heysel und Hillsborough rund um die Spiele in den Griffbekommen. Gewaltbereite Anhänger treffen sich nun abseits derStadien, um ihre Auseinandersetzungen auszutragen. Auch internationalverbreiten die einst gefürchteten englischen Anhänger kaum nochSchrecken. Das Innenministerium verbietet straffällig gewordenen Fansdie Ausreise von der Insel.
Frankreich: Im Land des Vize-Weltmeisters gilt der HauptstadtclubParis Saint Germain als Problemclub. Besonders bei Spielen gegen denErzrivalen Olympique Marseille kommt es zu Unruhen. Mehrere PariserFanclubs gelten als gewalttätig, einige haben rassistische Tendenzen.Probleme gibt es auf Amateurebene bei Clubs aus Problemvierteln.
Griechenland: Die schweren Krawalle haben in den vergangenen Jahrennachgelassen. Grund dafür ist die Entscheidung, bei brisanten Spielenkeine Gästefans mehr in die Stadien zu lassen. Zudem wurde diesogenannte elektronische Karte eingeführt, durch die die Polizeigenau weiß, wer auf welchem Platz sitzt. Besonders brisant sinddennoch nach wie vor Derbys in Athen und Thessaloniki.
Niederlande: In den Niederlanden kommt es häufig zu Ausschreitungen.So versuchten Rowdys nach dem Spiel zwischen Ajax Amsterdam undNijmegen Ende Oktober die Büros des Ajax-Vorstands zu stürmen unddeckten die Polizei mit einem Steinhagel ein. Einen zweifelhaften Rufhaben die Anhänger von Feyenoord Rotterdam: Der Club wurde in dervergangenen Saison wegen Ausschreitungen seiner Fans in Nancy aus demUEFA-Cup ausgeschlossen. Die Polizei setzt auf enge Zusammenarbeitmit den Vereinen und mit staatlichen Stellen.
Polen: Krawalle gehören zum Alltag. Zuletzt kam es in der Vorwochenach einer Partie zwischen Legia Warschau und Jagiellonia zu Kämpfenzwischen rivalisierenden Fans. Traurige Bilanz: Zwei verletztePolizisten, ein 16-jähriger Fan mit einer Schussverletzung imKrankenhaus, sechs zerstörte Polizeiwagen und ein demolierter Zug.Versuche durch Schnellgerichte, Verantwortliche innerhalb von 24Stunden zu verurteilen, schlugen fehl. Das Gewaltproblem könntegelöst werden, wenn die Stadien für die EM 2012 europäisches Niveauerreichen.
Russland: Vor allem die großen Moskauer Clubs haben einen harten Kernan gewaltbereiten Fans aus dem rechtsextremistischen Lager. Es kommthäufig zu Auseinandersetzungen mit der Polizei. Zuletzt prügelten inSamara 130 Fans auf Beamte ein. Ebenfalls im Oktober schlugenAnhänger von Spartak Moskau offenbar aus rassistischen Motiven einenaus dem asiatischen Teil Russlands stammenden Burjaten zu Tode.Bürgerkriegsähnliche Zustände herrschten bei der WM 2002 im MoskauerZentrum, nachdem Russland gegen Japan verloren hatte. Hooliganserstochen einen Mann, stürmten ein japanisches Restaurant und warfenScheiben des Parlaments ein. Deeskalation und Fanbetreuung sind inRussland so gut wie unbekannt.
Schweden: Im Land des EM-Gastgebers von 1992 kommt es vor allem beiden Hauptstadt-Derbys schon fast regelmäßig zu Massenschlägereien.Die gerade abgeschlossene Saison gilt als eine der schlimmsten in derjüngeren Geschichte. Bei Welt- und Europameisterschaften sind dieschwedischen Fans dagegen gerne gesehene, weil friedliche Gäste.
Spanien: Im spanischen Fußball gab es in der jüngeren Vergangenheitkeinen nennenswerten Ausschreitungen. Dies liegt zum einen daran,dass die Fans nicht so politisiert sind wie in Italien. Zudem reisendie Anhänger kaum zu Auswärtsspielen. Das gilt auch für Stadtderbyswie FC Barcelona gegen Espanyol oder Real gegen Atletico Madrid. Derletzte Schreckensfall liegt vier Jahre zurück. Damals wurde beimgalicischen Derby zwischen Santiago de Compostela gegen Deportivo LaCoruna ein Fan durch Fußtritte getötet. Seit 1992 gibt es eine Anti-Gewalt-Kommission im Sport, die über Risikospiele entscheidet.