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Hessen Hessen: An der Bergstraße beginnt der Frühling eher

Von Margit Boeckh 10.03.2005, 17:54

Darmstadt/MZ. - Nach dem Gelb der Forsythien breiten Zehntausende Mandelbäume entlang der beliebten Urlaubsroute zwischen Darmstadt und Wiesloch einen weißrosa Blütenteppich aus, ehe Aprikose, Kirsche und Apfel erblühen, Magnolien und Zierkirschen markante Farbtupfer setzen und der Flieder zum Endspurt ansetzt, um pünktlich zum Muttertag die Knospen knallen zu lassen. Das Blühen will nicht enden ... in "normalen" Jahren jedenfalls.

Angesichts des diesjährigen deutschen Endlos-Winters ist allerdings auch hier "alles ein bisschen zurück", wie Maria Zimmermann von der Werbegemeinschaft Bergstraße bedauert. Aber "der Frühling kommt ja bestimmt und ganz sicher bei uns auch wieder ein bisschen eher als anderswo im Land, spätestens an Ostern ist es soweit", ist sich die Tourismus-Fachfrau sicher. In der Beziehung kann sie sich verlassen auf den Odenwald, dessen Erhebungen die Region wie eine schützende Hand vor den kalten Winden aus Nord und Ost bewahren und so dafür sorgen, dass es hier das ganze Jahr über immer etliche Grade milder ist als anderswo in Deutschland. Aus diesem Grunde und wegen der sanften Weinhänge, dem reichen Schatz an Burgen und Schlössern, den idyllischen Ortschaften und malerischen Winkeln hören es die Bergsträßler auch gerne, wenn ihre begnadete Gegend zwischen Rhein und Neckar mit der italienischen Toskana verglichen wird.

Sie können sich dabei auf historische wie prominente Verbündete berufen. Fühlten sich doch schon vor zweitausend Jahre die Römer an der "strata montana" quasi ganz zu Hause, als sie hier die ersten Reben pflanzten. Das Empfinden teilte offensichtlich auch der Habsburger-Kaiser Joseph II., der sich nach seiner Krönung in Frankfurt bei einer Fahrt entlang der Bergstraße begeistert haben soll: "Hier fängt Deutschland an, Italien zu werden". Und Goethe, Sohn des nahen Frankfurt, für dessen Bewohner bis heute diese "Toskana vor der Haustür" eines der beliebtesten Ausflugsziele ist, meinte gar, dass man hier schon im Februar "den Frühling riechen" könne.

Aber nicht nur zur Frühjahrsblüte lässt sich die Bergstraße als ein Stück Bilderbuch-Deutschland erleben. Am besten übrigens beim Wandern oder mit dem Rad. Denn so kann man sich all die romantischen Orte mit ihren Fachwerkbauten und Marktplätzen, die Burgen und Schlösser, die reizvollen Parks in genussreicher Gemächlichkeit erschließen. Und natürlich den Wein. Vom Anbaugebiet "Hessische Bergstraße" kommen bekannt edle, sonnenverwöhnte Tropfen. Die Lage "Alsbacher Schöntal" etwa, die rund um die gleichnamige Ortschaft wächst. Die wird überragt vom mit reichlich 500 Metern höchsten Berg des Odenwaldes mit dem putzigen Namen Melibokus.

Von hier hat man einen klasse Blick über die ganze Gegend. Auch auf das gleich nebenan gelegene Zwingenberg. Das älteste Städtchen an der Bergstraße bewahrt mit seiner gotischen Bergkirche, verwinkelten Gassen und Treppen auf besonders malerische Weise mittelalterliche Fachwerkromantik. Entdeckenswert wie jeder der Orte entlang der Touristenstraße. Vom Glanz des Jugendstils in Darmstadt mit seiner berühmten Künstlerkolonie Mathildenhöhe über das zum Weltkulturerbe zählende Kloster Lorsch bis zum Heidelberger Schloss, Sehnsuchtsziel bekanntermaßen besonders für Amis wie Asiaten. Durchsetzt ist die ganze Retro-Seligkeit immer mal wieder mit besonderen Hinguckern. Dem Weinheimer Exotenwald etwa, üppig grünendes Vermächtnis eines Grafen, der im 19. Jahrhundert von einer Amerikareise Samen und Setzlinge mitbrachte. Heute gibt es hier einen Wald von Mammutbäumen und Zedern zu bestaunen sowie Raritäten aus aller Welt wie Schuppenrindenhickory oder Japanische Flügelnuss.

Ein weiteres grünes Juwel ist das so genannte Fürstenlager im Bensheimer Ortsteil Auerbach - ein 36 Hektar großer Landschaftspark, der einst den Landgrafen von Hessen-Darmstadt als verschwiegene Sommerfrische diente. Abgeschiedenheit lässt sich heute allerdings allenfalls in den Tiefen des Odenwaldes finden, während es an der Bergstraße schon mal trubelig wird. Wie demnächst, wenn die Winzer wie alljährlich zum Bergsträßer Weinfrühling laden.