Helmut Kohl gegen Franz Josef Strauß
Hamburg/dpa. - Als Helmut Kohl 1976 mit dem Wechsel von Mainz nach Bonn endgültig in die Bundespolitik eintrat, war Franz Josef Strauß dort schon seit mehr als zwei Jahrzehnten zu Hause.
Für Strauß blieb Kohl ein Provinzpolitiker ohne das Zeug zum Bundeskanzler - sich selbst hielt er für weitaus geeigneter. «Helmut Kohl gegen Franz Josef Strauß» heißt der 45-Minuten-Film über die Rivalität der beiden Politiker, den die ARD an diesem Montag (21.00 Uhr) in ihrer Reihe «Duelle» ausstrahlt.
Der Kanzlerkandidat Kohl hatte die Bundestagswahl 1976 mit einem respektablen Ergebnis verloren; nur wenige Sitze fehlten der Union an der absoluten Mehrheit. Bald darauf wetterte der CSU-Chef im Münchner «Wienerwald»: «Helmut Kohl ... wird nie Kanzler werden. Er ist total unfähig dazu. Ihm fehlen die charakterlichen, die geistigen und die politischen Voraussetzungen. Ihm fehlt alles dafür.» Die heimlich mitgeschnittene Rede gelangte in den «Spiegel» und löste ein Beben in CDU und CSU aus. Doch Kohl zahlte nicht mit gleicher Münze zurück. Er war nach einhelliger Meinung vieler Weggefährten der bessere Taktiker von beiden.
Strauß habe «den Taktiker Kohl immer unterschätzt», sagt der enge Berater des späteren Bundeskanzlers Kohl, Horst Teltschik. Und nach dem Urteil von Strauß' Tochter Monika Hohlmeier war Kohl «der härtere und der kältere von beiden». Für Friedrich Nowottny, langjähriger Bonn-Korrespondent der ARD und später WDR-Intendant, war Kohl der «souveränere», Strauß der «aggressivere».
Kohl selbst äußert sich über seinen Widersacher in dem 2004 ausgestrahlten zweiteiligen TV-Porträt «Helmut Kohl. Ein deutscher Kanzler», aus dem Auszüge in den Film eingearbeitet wurden. Strauß sei ein Mann der «lauten Töne» gewesen, aber «kein starker Mann», sagt Kohl. Sein Problem sei gewesen, «dass er den Motor eines schweren Lasters hat, aber die Bremsen von einem Kleinwagen». Kohl bescheinigt Strauß «Intelligenz», aber Mangel an «Klugheit».
Beide Politiker waren mit ihrem ausgeprägten Machtinstinkt früh sehr weit gekommen. Strauß trat mit 38 Jahren als Minister in das Bundeskabinett von Konrad Adenauer ein, der 15 Jahre jüngere Kohl wurde mit 39 Ministerpräsident von Rheinland Pfalz. Im Jahr 1976, als Strauß sich gute Chancen ausrechnete, gegen den erst seit zwei Jahren amtierenden SPD-Kanzler Helmut Schmidt die Wahl zu gewinnen, setzte sich Kohl als Kanzlerkandidat gegen ihn durch.
Vier Jahre später lockte Kohl den inzwischen in München als Ministerpräsident residierenden Strauß in die Kanzlerkandidatur bei der Wahl 1980, die dieser deutlich verlor. Damit war klar, wer die Nummer eins in der Union war: Kohl. Nachdem er 1982 mit einem konstruktiven Misstrauensvotum Kanzler geworden war, versuchte Strauß von München aus mitzuregieren. Teltschik: «Strauß hat ständig versucht, Einfluss zu nehmen auf die Entscheidungen der Bundesregierung. Der Bundeskanzler hat eine Flut von Fernschreiben und Briefen aus der Staatskanzlei München erhalten. Ich bin oft mit einem Brief zu Helmut Kohl gegangen und habe gesagt, was machen wir damit? Dann hat er gelegentlich gesagt "Gib her" und hat den Brief zerrissen und in den Papierkorb geworfen.»