Hannover Hannover: CeBIT 1998: Die Computermesse der großen Versprechen

Hannover/dpa. - Wer sich zumAusstellungsgelände vorgekämpft hatte, bekam dann allerdings einenspannenden Mix von Neuheiten und großen Versprechen geboten.
Drei Jahre vor dem spektakulären Platzen der Internet-Blasefeierten die CeBIT-Macher im März 1998 die bis dahin größteComputermesse. Helmut Kohl war damals noch Bundeskanzler und lieferteden CeBIT-Fotografen beim Testen einer 3D-Brille auf dem Stand desZentrums für Graphische Datenverarbeitung (Darmstadt) ein dankbaresFotomotiv.
Damals waren Personal Computer nur bedingt massentauglich. ZurErinnerung: Wer im Jahr 1998 beispielsweise an einen PC einZusatzgerät anschließen wollte - etwa einen Drucker oder eine externeFestplatte -, wurde von dem System kryptisch nach Angaben zu «I/O-Adressen», «Jumpern» oder «IRQ-Einstellungen» gefragt. Für diegeplagten Computer-Anwender wurde auf der CeBIT 1998 Linderung durchden neu entwickelten Universal Serial Bus (USB) in Aussicht gestellt.Der universelle serielle Stecker werde den Anschluss eines Scannersso einfach machen wie das Anschalten des Rechners, hieß es.
Der erste PC mit USB-Anschluss für die Massen wurde jedoch nichtauf der CeBIT 1998, sondern erst zwei Monate später in Kalifornienpräsentiert. Apple-Chef Steve Jobs startete mit dem ersten iMac dieKehrtwende für den damals angeschlagenen Computerkonzern und setztedabei voll auf Innovationen wie USB. Ein Jahr später sah man dann aufder CeBIT auch die ersten Windows-PCs mit den praktischen USB-Buchsen.
Die Leistung der PCs wurde damals quasi mit der Taktfrequenz derHauptchips gleichgesetzt. «Höhere Taktzahl = mehr Power», lautete dieeinfache Formel der Branche. Daher war es schon eine kleineSensation, dass sich der Chipgigant Intel das Messegelände inHannover ausgesucht hatte, um einen Weltrekord aufzustellen, der PC-Fans in Verzückung versetzte. Intels Vizepräsident Albert Yupräsentierte mit Hilfe des Computerspiels «Underwater World» einLabormuster des Pentium-II-Chips, das während der Demo den bis dahinunvorstellbaren Rekordtakt von 702 Megahertz erzielte. Ein schnellerPC war damals nicht schneller als 200 MHz.
Viele Computer-Händler trauern heute diesen Megahertz-Rennenhinterher. Die Architektur der Chips für Personal Computer hat sichin den vergangenen Jahren grundlegend geändert, so dass die Taktzahleines Chips allein kaum noch Aussagekraft mehr hat. In den Zeiten vonkomplexen Mehrkernprozessoren ist der Stand der Technik einer breitenÖffentlichkeit nicht mehr so leicht zu vermitteln wie vor zehn Jahren.
Ein Leistungssprung war auf der CeBIT 1998 auch für dieschätzungsweise vier Millionen Internet-Anwender in Sicht, die sichaus der Sicht von heute mit quälend langsamen Modemleitungen ins Netzder Netze einwählten. Telekom-Vorstand Gerd Tenzer kündigte damalsan, im ganzen Bundesgebiet Breitbandzugänge in ADSL-Technik(Asymmetrical Digital Subscriber Line) einzuführen. Ein kleinerPilotversuch startete dann im April 1998 in Nordrhein-Westfalen. Esdauerte allerdings noch bis zum Juli 1999, bis die ersten schnellenInternet-Zugänge der Telekom auch in anderen Städten geschaltetwerden konnten. Ende 1999 zählte die Telekom 2900 DSL-Kunden, heutebetreuen die Telekom und ihre Partner rund 14 Millionen breitbandigeInternetanschlüsse.
Zum Abschluss der CeBIT 1998 feierte die Deutsche Messe AG ihreComputermesse mit 670 000 Besuchern als «Meilenstein für dieInformationsgesellschaft». Angst vor sinkenden Aussteller- oderBesucherzahlen mussten die Manager damals (noch) nicht haben.Schließlich hatten viele Besucher von der CeBIT in Hannover zweiHerkules-Aufgaben mit nach Hause gebracht: Die Umstellung auf denEuro und das «Jahr 2000-Problem» sollten der IT-Branche etlicheMonate lang gute Umsätze bescheren.