HANDBALL HANDBALL: HSV mit komplett desolater Vorstellung
NAUMBURG. - Denn was der HSV bei der auch in dieser Höhe völlig verdienten 22:32 (9:14)-Niederlage bot, war wohl der Tiefpunkt der jüngeren, teils glanzvollen Handball-Geschichte in Naumburg. Dabei wirkte der bis dato sieglose Gegner aus Wolfen vor allem in Halbzeit eins gar nicht so überragend, sondern brauchte nur die einfachen Ballverluste des HSV in noch einfachere Kontertore umzumünzen. Und wie stark Wolfen tatsächlich ist, konnte auch in Halbzeit zwei nicht geklärt werden, da der Gäste-Trainer vor allem in der Schlussviertelstunde seiner zweiten Reihe etwas Spielpraxis gönnte und die Partie somit zu einer besseren Trainingseinheit für die HSG 2000 mutierte.
Wer diese Analyse nun tatsächlich etwas hart findet, sollte sich die ehrlichen Worte von HSV-Trainerin Ines Seidler, nachdem sie eine Nacht über das Desaster geschlafen hatte, anhören. Sie sprach von einer Mannschaft, "die total kopflos ist", von einem Team, "das derzeit in allen Teilen nicht mit dem Druck umgehen kann", von einer "miserablen Chancenverwertung" und davon, "dass wir Bälle einfach so zum Gegner schmeißen, dass es einen D-Jugend-Trainer verrückt machen würde."
Eines jedoch warf Ines Seidler ihren Jungs erneut nicht vor, nämlich, dass sie nicht wollten. "Der Einsatz und der Wille sind wirklich da, aber - wie es im Sport leider immer wieder vorkommt - wenn man im Kopf total fest ist, kann man die einfachsten Sachen eben nicht umsetzen."
Und so war es auch. In jeder Sekunde des Spiels war die Verunsicherung bei den Naumburg-Stößenern zu spüren. Zum 2:2 konnte man die Partie letztmalig ausgleichen. Danach zog Wolfen über 8:3, 11:5, 13:7 bis zum 14:9-Pausenstand aus Gästesicht davon. Bis dato war der HSV - um den angesprochenen Punkt Chancenverwertung zu symbolisieren - bereits mit drei von drei Siebenmetern am starken Gäste-Torhüter gescheitert. Eine Fehl-Quote, die sich über 60 Minuten auf fünf von sieben steigerte. Und weil wir beim Stichwort Torhüter sind: Sie waren beim HSV praktisch nicht existent, sowohl was das Halten von (teils auch einfachen) Bällen als auch das Einleiten von Kontern anging. So wurde manch gute Deckungsaktion, die in schwierigen Wolfener Würfen mündete, zunichte gemacht.
Doch auch in der Offensive gab es beim HSV viel mehr Schatten als Licht. Über die eigentlich stärkste Position der Einheimischen, den rechten Rückraum, sollte man aus Respekt vor den Leistungen der vergangenen Jahre noch einmal den Mantel des Schweigens legen. Aber auch sonst lief nicht viel zusammen. Einzige Ausnahmen: Jan Schindler, der als HSV-Top-Torschütze mit sechs Treffern sein Potential andeutet und Sebastian Fende, der trotz Verletzung, in Hälfte zwei versuchte, über den Kampf zum Spiel zu finden. Und so bitter es klingt, wenn man es gut mit dieser Mannschaft meint, es muss schon sehr viel passieren, damit sich diese Saison noch zum Guten wendet. Im Training wird Ines Seidler nun viele Einzelgespräche führen, "obwohl eigentlich schon genug geredet wurde", wie sie sagt. Und übrigens: Die beiden ersten Saisongegner der Naumburg-Stößener, also Freiberg und Apolda, kassierten ebenfalls bereits herbe Niederlagen. Es scheint also, als hätte der HSV die Crème de la Créme noch vor sich. So hart dies auch klingt. Kommentar Seite 10